Schule mit erweitertem Russischunterricht/Erlebnisbericht

Version 3
Wer an die EWO kommt...

"Meine" Schule wurde ab der 6. Klasse leider die so genannte "EWO" in Berlin-Mitte. Hier war das "Niveau" bzw. der Elitestatus ausgeprägter als (vermutlich) an jeder anderen Schule mit erweitertem Russischunterricht. Auch von der Klientel her war es wohl die exklusivste Schule der ganzen DDR.

Es gab an der EWO eine Art Politbüro-Klub, der sich an der angeschlossenen EOS fortsetzte. Die Kinder der SED-Größen nahmen manchmal "Auserwählte" mit nach Wandlitz, gern im Volvo mit Vatis Fahrer. Neumanns ? Enkel-Göre gehörte dazu. Besonders unrühmlich der unter den restlichen Schülern legendär gewordene Auftritt incl. MfS-Personenschutz ? bei der Jugendweihe. An der Schule war z.B. auch Jan Schabowski und in meiner Klasse Kinder von Ministern usw. usf.

In unserer Klasse gab es welche, bei denen im Klassenbuch unter "Beruf des Vaters" nichts eingetragen war. Wie wir richtig vermuteten, waren das die Kinder von MfS-Leuten. In einem Fall war es gar ein Stasi-General aus der HVA, aber das kriegte ich erst knapp zwei Jahrzehnte später heraus.

Ich selbst habe mich unter diesen Umständen, bei dieser Konkurrenz erst gar nicht um einen EOS-Platz bemüht, obwohl wir 8 Plätze für die "Leistungsbesten" zur Verfügung hatten. Mein (Irr-)Weg führte mich nach Halle an die ABF "Walter Ulbricht". Nach halbwegs absichtsvoll verhauener Staatsbürgerkunde-Prüfung hatte ich Glück (?), überhaupt weiter zu kommen.

Dafür haben mich in Halle dann auch prompt zwei Herren angesprochen und mich zu meinem Hintergrund befragt, man werde noch auf mich zurück kommen. Erstes Resultat dessen, d.h. die erste richtige Gemeinheit war die "Bewährung" als GST-Funktionär. Den Posten hatte man mir aufgedrückt, ich musste dann meine Klassenkameraden drangsalieren - als Gruppen-/Zugführer im Wehrausbildungslager und als Werber für GST und NVA. Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.

Immerhin blieb mir durch das Ende der DDR eine IM-Laufbahn erspart. Die Herren hatten einen IM-Vorlauf angelegt, das letzte Dokument datiert vom Juni 1989. Wer weiß, wie ich reagiert hätte, wenn die mir damals gleich eine Verpflichtungerklärung vorgelegt hätten.


Wenn mir einer erzählt, er hätte freiwillig eine Aufnahmeprüfung gemacht und dabei "absichtsvoll" fast die Stabü-Prüfung verhauen, dann scheint das sehr unglaubwürdig. Und dass du dich gar nicht erst für die Aufnahme um die EOS beworben hast, kann wohl auch nicht an den anderen und an den "Umständen" liegen. Bei mir in der Schulklasse wurden nur die Besten in die EOS aufgenommen und nicht vorrangig die Kinder von SED-Mitgliedern, von denen etliche nicht zur EOS kamen, ich dagegen schon, obwohl meine Eltern nicht in der SED oder beim MfS waren und keien Funktionäre anderswo. Also was soll der Quatsch, kannst du immer noch nicht zugeben, daß es möglicherweise an deinen mangelnden Leistungen lag, schließlich bist du in Stabü sogar fast durchgefallen obwohl die Hürden zur ABF deutlich kleiner waren als bei der EOS, mein Vater war schließlich auch bei der ABF. Und zum FDJ- oder GST- oder MFS- oder SED-Funktionäre wurde niemand gezwungen, wurde ich schließlich auch nicht, und alle die ich kannte, machten das freiwillig und rissen sich teilweise geradezu darum. Zugführer im Wehrlager sollte ich auch mal machen, aber drangsalieren mußte man da niemanden und konnte auch ohne viel Aufhebens (z.B. durch Falschmarschieren) diesen Posten weitergeben.





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