Vorankündigungsdienst

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Der Vorankündigungsdienst (VD) des Volksbuchhandels ? war eine für die Buchhandlungen gedachte regelmäßige Publikation des Leipziger Kommissions- und Großbuchhandels ? (LKG ?). Der VD erschien als Beilage zum Leipziger Börsenblatt, konnte aber auch unabhängig davon (einzeln) bezogen werden. Privatpersonen konnten den aktuellen VD z.B. in Bibliotheken oder (abhängig von der Kulanz des Buchhändlers) in Buchhandlungen einsehen.

Der VD war in den 70er und 80er Jahren zumeist ein recht unscheinbares, dünnblättriges Heft im knappen A4-Format, mit anspruchslosem S/W- bzw. Graustufendruck. Das Heft enthielt Kurzvorstellungen der Buchtitel, die in den folgenden Wochen an den LKG ? angeliefert werden sollten. Die Buchhandlungen bestellten dann die Bücher entsprechend der Vorankündigungen.

Grundlage für diese Bestellungen sollte der erwartete Bedarf bzw. Absatz sein, der sich z.B. nach den in der Buchhandlung eingegangenen Vorbestellungen richtete. Der VD konnte wiederum die Grundlage für diese Vorbestellungen von Privatpersonen bilden (s.o.). Blieb der Bedarf in der Summe unterhalb der Liefermenge, dann erhielt jede Buchhandlung die gewünschte Zahl an Exemplaren.

Wegen der kulturpolitisch "gewollten", d.h. durch absichtliche Fehlplanung verursachten Disproportionen (etwa Bevorzugung der "Ladenhüter"-Produktion der Marx-Engels-Lenin-Ausgaben des Dietz Verlags oder von SED-Publikationen im Staatsverlag ?) ergab sich spätestens seit der 2. Hälfte der 60er Jahre ein chronischer Mangel bei den begehrteren Titeln. Betroffen waren speziell die Belletristik, aber auch Kinderbücher, Kalender, Hobby- und Reiseliteratur u.ä.
Neben der Ressourcenverschwendung lag eine wesentliche Ursache des Mangels in der fortwährenden Papierknappheit. Dadurch war der Gesamtausstoß der Verlags- und Druckereibranche nach oben begrenzt.

Daher wurde die VD-orientierte (Vor-)Bestellung für nichtprivilegierte Bürger in den 70er und 80er Jahren zunehmend zum Glücksspiel: Fünf- bis sechsfach "überzeichnete" Titel waren eher die Regel als die Ausnahme. Dies betraf im Laufe der Zeit z.B. nicht nur kritische Gegenwartsautoren der DDR wie Stefan Heym, sondern auch sowjetische Schriftsteller - besonders solche mit Tendenzen zur Systemkritik - von Bulgakow bis Aitmatow.
Hier zeigte sich der zweite tiefere Grund für den Mangel an bestimmten Werken: In der "geschlossenen" DDR-Gesellschaft wurden Bücher spätestens nach dem Mauerbau zu einer bescheidenen "Fluchtmöglichkeit" aus dem realsozialistischen Alltag.

Ab der 2. Hälfte der 70er Jahre waren konstant über 50% der VD-Titel schon bei Erscheinen überzeichnet.

Das Problem wurde in sehr charakteristischer Manier "gelöst". Es wurden von der zentralen Leitung des Volksbuchhandels ? im LKG ? mehrere, teils gleichzeitig anzuwendende und mitunter widersprüchlich wirkende Kürzungsschlüssel durchgesetzt, die entsprechend den aktuellen (auch politischen) Erfordernissen durchaus "schöpferisch" anzuwenden waren.

Es gab nur wenige eindeutige Weisungen. Eine solche betraf die bevorzugte Versorgung der NVA mit begehrter Literatur (vgl. auch Kalte Bücherverbrennung ?).

Eine Sonderstellung hatten die Mitarbeiter des Verlagswesens, hier besonders der SED- und FDJ-eigenen Verlage, Zentralorgane etc. (VOB ZENTRAG ?). Sie konnten für den Privatbedarf ohne ernste Einschränkung und mit fast garantiertem Erfolg (=Lieferung) beliebige VD-Titel bestellen. ZENTRAG ?-Angehörige erhielten sogar für den Export bestimmte Bücher, Sammlerstücke und andere Titel, die niemals in den Ladenverkauf gelangten.






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