Ausreiseantrag

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Absatz 1Absatz 1

'''Ausreiseantrag'''

Bis Anfang 1989 gab es in der DDR kein allgemeines Recht auf Ausreise ins "Nicht-Sozialistische Ausland" (NSA). Selbst zu Zwecken der Familienzusammenführungen gab es erst seit 1983 eine offizielle Rechtsgrundlage um eine Ausreise zu beantragen. Trotzdem stellten hunderttausende Bürger einen Antrag auf Entlassung aus der [[Staatsbürgeschaft]] der DDR, einen sog. Ausreiseantrag. Dieser wurde oft über mehrere Jahre nicht angenommen, nicht anerkannt oder zurückgewiesen, im DDR-Beamtendeutsch hieß er "ungesetzliches Übersiedlungsersuchen" (ÜSE). Erst wenn die Ausreiseantragsteller genug Hartnäckigkeit und "negative" Einstellung bewiesen hatten, wurden sie aus der Staatsbürgerschaft entlassen. Da die BRD die DDR nie anerkannte, waren DDR Bürger sobald sie den Boden der BRD betraten automatisch Bundesbürger.

Ab 1961 bis Anfang 1989 gab es in der DDR kein allgemeines Recht auf Ausreise ins "Nicht-Sozialistische Ausland" (NSA), zuvor jedoch bestand bis zum [[Mauerbau]] (eingeschränkte) Reisefreiheit über Westberlin. Selbst zu Zwecken der Familienzusammenführungen gab es erst seit 1983 (in Folge des ersten BRD-Milliardenkredites) eine offizielle Rechtsgrundlage um eine Ausreise zu beantragen.

Im Zeitraum von 1961 bis zum 7. September 1989 wurde 556.541 Bürgern der DDR der '''
Antrag auf Entlassung aus der [[Staatsbürgerschaft]] der DDR''', gemäß § 10 [[DDR-Staatsbürgerschaftsgesetz]], einen sogenannten '''Ausreiseantrag''' genehmigt. Dieser wurde oft über mehrere Jahre von den quasi zuständigen Abteilungen Inneres beim Rat der Stadt nicht angenommen, nicht anerkannt oder zurückgewiesen, im DDR-Beamtendeutsch hieß er "ungesetzliches Übersiedlungsersuchen" (ÜSE).



*'''Hier ein Beispiel:'''
---
Antrag
Auf staendige Ausreise aus der DDR und auf Aberkennung der Staatsbuergerschaft
der DDR

Hiermit und mit dem heutigen Datum, stelle ich den Antrag auf staendige Ausreise
aus der DDR und der Entlassung aus der Staatsbuergerschaft der DDR zwecks
Uebersiedlung nach Berlin(West).

Aber schon umgehend nach der Abgabe des Ausreiseantrags konnte sich der Antragsteller der verschärften Überwachung durch Polizei und Stasi sicher sein. Beschäftigte in staatsnahen Arbeitsverhältnissen, wie z.B. Lehrer wurden umgehend entlassen, ebenso wurden sie (sofern noch Mitglied) aus der [[SED]] ausgeschlossen. Eine weitere staatliche Schikane war die Abnahme des [[Personalausweis]]es und stattdessen die Ausgabe eines Behelfspapiers ([[PM-12]]), das jede legale Ausreise aus der DDR (in sozialistische Länder) ausschloss und bei jeder Personenkontrolle signalisierte: Vorsicht Staatsfeind bzw. [[Assi]]!

Viele Antragsteller mußten sich dann jahrelang mit sehr schlecht bezahlten Arbeitsstellen der Kirchen (Friedhofsgärtner, Heizer u.ä.) durchschlagen. Insbesondere für die Kinder der Antragsteller war diese Art der sozialistischen Sippenhaft hart, ein Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen.
Erst wenn die Ausreiseantragsteller genug Hartnäckigkeit und "negative" Einstellung bewiesen hatten, manche wurden fast zu "kriminellen provokatorischen" Handlungen getrieben zumal sie als politische Häftlinge mit dem umgehenden Freikauf durch die Bundesrepublik rechneten, wurden sie aus der Staatsbürgerschaft entlassen.

Da die [[BRD]] die DDR nie formell anerkannte, waren DDR Bürger als Deutsche sobald sie den Boden der BRD betraten automatisch Staatsbürger der Bundesrepublik. Die Ausreise wurden den Antragstellern meist sehr kurzfristig (über Nacht) bekannt gegeben, was zu einer besonderen Form der Vermögensverschleuderung führte. Der Besitz attraktiver Immobilien konnte die Ausreise wesentlich beschleunigen. Der Grundbesitz wurde dann an verdiente Genossen zum Spottpreis weiterveräußert. Die Entlassung aus der DDR-[[Staatsbürgerschaft]] wurde in einer Urkunde förmlich dokumentiert. Mit der Übergabe der Urkunde wurde die Entlassung wirksam.



Gemaess:
Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik Teil II, Nr. 6 vom
26. Februar 1974.

"Bekanntmachung ueber die Ratifikation der Internationalen Konvention
vom 16. Dezember 1966 ueber zivile und politische Rechte", Artikel 12,
Absatz 2 und 3 sowie Artikel 2 Absatz 1 und 2.

und

Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik Teil I Nr.2 vom 20.Februar 1967

"Gesetzblatt ueber die Staatsbuergerschaft der DDR (Staatsbuergerschaftsgesetz)" §10 Absatz 1.

__________________________________________________________________________
Begruendung:

Ich mache hiermit von meinem verfassungsmaessig zugesichertem Recht auf
Meinungsfreiheit Gebrauch und begruende meine o.g. Antraege wie folgt:

Ende der 40er Jahre haben alle Blockparteien die fuehrende Rolle der SED
anerkannt und sich damit politisch ins Abseits gestellt.
Damit wird saemtliche politische Macht einzig und allein von der SED durchgesetzt.

Ich zweifele die fuehrende Rolle der SED an!
Ich erkenne keinen Zusammenhang zwischen Deutscher Demokratischer Republik,
und der Diktatur des Proletariats, zumal ich der Meinung bin, dass es sich um
eine Diktatur der Funktionaere handelt.
Im Argumentationsmaterial zum XI. Parteitag gibt die SED den prozentualen Anteil an
Arbeitern in ihren Reihen mit 58,1 % an.
Dazu zaehlen aber auch Offiziere der NVA, der Staatssicherheit u.a. Organisationen
des Staatsapparates.
Mir ist unverstaendlich, dass dieser Personenkreis zur Arbeiterklasse gezaehlt wird.
Hier werden Zahlen und Prozente manipuliert und verschleiert.
Der Zweck ist eindeutig die Rechtfertigung der Macht eines "ausgewaehlten"
Personenkreises.

Wie kann man sonst erklaeren, dass zum XI. Parteitag der SED, dem Treffpunkt
Der fuehrendsten Vertreter der Arbeiterklasse der DDR auf dem gesamten
Marx-Engels Platz, nur fuer Devisen erhaeltliche Autos standen.
(Volvo, Citroen, Peugeot usw.)

Ich bin der festen Meinung, dass sich die DDR unter Fuehrung dieses diktatorischen Regimes
Jetzt schon ins politische Abseits gestellt hat und daraus schlussfolgernd ins oekonomische
Abseits geraten muss.


Am 13. Dezember 1988 ist das Gesetzblatt der DDR Teil I, Nr 25

"Verordnung ueber Reisen von Buergern der DDR nach dem Ausland"

erschienen.
Im dazugehoerigen Informationsmaterial 1988/13 Nr. 254

"Neue Regelungen ueber Reisen von Buergern der DDR nach dem Ausland"

wird erklaert, dass es kein einschraenkungsloses Recht auf staendige Ausreise in andere
Staaten gibt und das wird, wie folgt, begruendet:

Zitat:

"Diese Feststellung ist jedoch eindeutig - und zwar in doppelter Hinsicht- eingeschraenkt.
Erstens dadurch, dass alle voelkerrechtlichen Vereinbarungen darunter auch Konventionen,
nicht unmittelbar fuer die Buerger, sondern unmittelbar fuer die beteiligten Staaten gelten ...."

Ein Staat sollte jedoch, und speziell im Sozialismus, stets im Interesse seiner Buerger
handeln.   Gesetze werden fuer Buerger gemacht und nicht als Handhabe des Staates gegen den Buerger.

Es heisst naemlich nicht:

"Es steht jedem "Staat" frei....." s o n d e r n

"Es steht j e d e m frei.." (also auch mir) , " jedes Land , auch sein eigenes zu verlassen."

Aus diesem Grund stelle ich die Rechtmaessigkeit des Reisegesetzes vom 13.12. 1988 in Frage, da sich die DDR
als ein Land mit zwei Gesichtern darstellt.(Innen- und aussenpolitisch)

Zitat "Maerkische Volksstimme" vom 18. 05. 1988: - Vortrag vor UNO Gremium -

".. Menschenrechte sind in der DDR eine Realitaet -
In der DDR werden die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen, sowie zivilen und
politischen Rechte, wie sie in den beiden Menschenrechtskonventionen von 1966
niedergelegt sind, in ihrer Gesamtheit gewaehleistet.

Im krassen Gegensatz dazu wird ein Gesetz erfunden, welches diese, von der Oeffentlichkeit
lauthals propagierten Recht, im extremen Maße einschraenkt und zudem erschreckenden
Zynismus beinhaltet.

"Ein humanitaerer Grund zur staendigen Ausreise liegt vor wenn: "
(§10, Abs.2 Pkt. g)

"Buerger, die das gesetzliche Rentenalter erreicht haben oder Invaliden sind, sich zur
Verbringung ihres Lebensabends .... zu ihren Verwandten und Bekannten begeben wollen."

Im folgenden werden stichpunktartig weitere Gruende aufgefuehrt:

- Verbot von Kritik und kritischen Kuenstlern (Biermann/Havemann, Krawczyk ..)

- Wahlen werden manipuliert, internationale Korrespondenten werden nicht zugelassen (z.B. Leipzig)

- Zeitschriften werden verboten (z.B. Sputnik)

Zitat - E. Kaestner:

"Wo man Buecher verbrennt, verbrennt man zum Schluss auch Menschen.

Parallele:

"Wo man Zeitschriften verbietet, verbietet man zum Schluss auch noch Menschen!"

- Wechselkurs D-Mark - DDR-Mark wird in unseren Zeitungen postuliert,
entbehrt aber jeder Grundlage. (Delikat, Intershop)
Das ist Schizophrenie im hoechsten Maße.
Ein Land, welches sich selbst und seine Buerger in dieser Art betruegt,
hat fuer mich keine Perspektive!

- Die angebliche Wissenschaftlichkeit der sozialistischen Weltanschauung hat sich
in der Praxis niemals bestaetigt. Man behauptet eine eine Wissenschaftlichkeit,
und versucht diese Behauptung mit unzaehligen anderen Behauptungen zu
"beweisen"!!
Fakt ist, dass die wirtschaftliche Staerke dktatorisch planmaessig geleiteter
Laender immer mehr abnimmt.

- Denkweisen der Buerger werden durch gleichgeschaltete Zeitungen manipuliert.
Dialektisches Denken (Denken in Zusammenhaengen) wird unterdrueckt.

- Degeneration des Demokratiebewusstseins macht sich breit.
Die Mauer wird als antifaschistischer Schutzwall dargestellt, sie ist aber nur
fuer DDR Buerger undurchlaessig.

- Feindbilder werden weiter propagiert.
Buerger sollen keine "West"-kontakte pflegen, andere treffen sich auf der
Leipziger Messe und trinken Sekt miteinander.

- Ich moechte nicht, dass meine Kinder lernen, dass es gute und boese
(Atom- drstrange 02/07/00) Raketen gibt.

- Einem ruecksichtslosen Diktator ([[Ceausescu]] drstrange 02/07/00) wird um der
politischen Anerkennung Willen der Karl -Marx-Orden verliehen.

- Die Entwicklung dieses Landes wird, wie im Feudalismus, durch die
Lebenserwartung einzelner Personen bestimmt.

Diese, und eine weitere Anzahl von Gruenden machen es mir unmoeglich, in diesem
totalitaeren Staat zu leben. Ich habe die Hoffnung und die Zuversicht in diese Diktatur verloren.

Deshalb stelle ich die Antraege auf staendige Ausreise aus der DDR und der Entlassung aus der
Staatsbuergerschaft der DDR. .....

Die [[Oppositionsbewegung]] in den [[Kirche|Kirchen]] zum Ende der DDR rekrutierte sich maßgeblich aus der schnell steigenden Zahl zu allem entschlossener Antragsteller, was die Kirchenoberen wiederum nicht uneingeschränkt positiv sahen, da die Antragsteller nur noch raus wollten, anstatt an einer Verbesserung an den inneren Verhältnissen der DDR noch interessiert zu sein. Die Kirchen wurden von den Antragstellern meist nur als einzig verfügbarer halböffentlicher Versammlungsraum genutzt, das tatsächliche kirchliche Interesse blieb gering.


Ab 1961 bis Anfang 1989 gab es in der DDR kein allgemeines Recht auf Ausreise ins "Nicht-Sozialistische Ausland" (NSA), zuvor jedoch bestand bis zum Mauerbau (eingeschränkte) Reisefreiheit über Westberlin. Selbst zu Zwecken der Familienzusammenführungen gab es erst seit 1983 (in Folge des ersten BRD-Milliardenkredites) eine offizielle Rechtsgrundlage um eine Ausreise zu beantragen.

Im Zeitraum von 1961 bis zum 7. September 1989 wurde 556.541 Bürgern der DDR der Antrag auf Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der DDR, gemäß § 10 DDR-Staatsbürgerschaftsgesetz ?, einen sogenannten Ausreiseantrag genehmigt. Dieser wurde oft über mehrere Jahre von den quasi zuständigen Abteilungen Inneres beim Rat der Stadt nicht angenommen, nicht anerkannt oder zurückgewiesen, im DDR-Beamtendeutsch hieß er "ungesetzliches Übersiedlungsersuchen" (ÜSE).

Aber schon umgehend nach der Abgabe des Ausreiseantrags konnte sich der Antragsteller der verschärften Überwachung durch Polizei und Stasi sicher sein. Beschäftigte in staatsnahen Arbeitsverhältnissen, wie z.B. Lehrer wurden umgehend entlassen, ebenso wurden sie (sofern noch Mitglied) aus der SED ausgeschlossen. Eine weitere staatliche Schikane war die Abnahme des Personalausweises und stattdessen die Ausgabe eines Behelfspapiers (PM-12), das jede legale Ausreise aus der DDR (in sozialistische Länder) ausschloss und bei jeder Personenkontrolle signalisierte: Vorsicht Staatsfeind bzw. Assi ?!

Viele Antragsteller mußten sich dann jahrelang mit sehr schlecht bezahlten Arbeitsstellen der Kirchen (Friedhofsgärtner, Heizer u.ä.) durchschlagen. Insbesondere für die Kinder der Antragsteller war diese Art der sozialistischen Sippenhaft hart, ein Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen. Erst wenn die Ausreiseantragsteller genug Hartnäckigkeit und "negative" Einstellung bewiesen hatten, manche wurden fast zu "kriminellen provokatorischen" Handlungen getrieben zumal sie als politische Häftlinge mit dem umgehenden Freikauf durch die Bundesrepublik rechneten, wurden sie aus der Staatsbürgerschaft entlassen.

Da die BRD die DDR nie formell anerkannte, waren DDR Bürger als Deutsche sobald sie den Boden der BRD betraten automatisch Staatsbürger der Bundesrepublik. Die Ausreise wurden den Antragstellern meist sehr kurzfristig (über Nacht) bekannt gegeben, was zu einer besonderen Form der Vermögensverschleuderung führte. Der Besitz attraktiver Immobilien konnte die Ausreise wesentlich beschleunigen. Der Grundbesitz wurde dann an verdiente Genossen zum Spottpreis weiterveräußert. Die Entlassung aus der DDR-Staatsbürgerschaft wurde in einer Urkunde förmlich dokumentiert. Mit der Übergabe der Urkunde wurde die Entlassung wirksam.

Die Oppositionsbewegung ? in den Kirchen zum Ende der DDR rekrutierte sich maßgeblich aus der schnell steigenden Zahl zu allem entschlossener Antragsteller, was die Kirchenoberen wiederum nicht uneingeschränkt positiv sahen, da die Antragsteller nur noch raus wollten, anstatt an einer Verbesserung an den inneren Verhältnissen der DDR noch interessiert zu sein. Die Kirchen wurden von den Antragstellern meist nur als einzig verfügbarer halböffentlicher Versammlungsraum genutzt, das tatsächliche kirchliche Interesse blieb gering.






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