Inoffizielle Mitarbeiter des MfS/Diskussion

Version 5
Hi Vauen & Mitleser,

möchte das "meist" nicht belassen. "Häufig" m.E. aus GMS-Sicht auch nicht angemessen, obwohl's natürlich häufig die waren. Doch gab's ggf. andere Verhältnisse an Leitungsposten (OibE, SiBe, IMS, Ex-NVA-"Abschiebeposten" usw.) -- Mit z.B./'bspw.' kaum besser...
<exstirpiert> -- Mitautor-Harry T. (am 23.09.2004)


War eigentlich jeder Leiter mit MfS-kontakt automatisch GMS oder war eine darüber hinaus gehende Mitarbeit erforderlich?
IMO muss man sich auch für eine realistische Sicht der Dinge davon lösen, den Begriff STASI mit Bautzen bzw. Hohenschönhausen gleich zu setzen. Deren Abteilung Volkswirtschaft war für manchen Leiter durchaus eine Hilfe, Planerfüllung u.ä. durchzusetzen, wenn auf offiziellen Wegen nichts mehr ging. Dies heisst aber auch, dass inoffizielle Mitarbeit mit Verpflichtungserklärung, Decknamen und Aufforderung zur Spitzelei "Bericht schreiben über schwierigen Kollegen M." bei vielen mit Argwohn oder auf glatte Ablehnung stiess. Und die Betreffenden trotzdem in ihrer Position blieben. -- Mitautor-Vauen (am 23.09.2004)

Geniales Ding fabriziert, V.! Ich mache daraus gerade eine Themenseite, hier die "Kurzfassung" ;-)

Erst die Gegenfrage: Wie kommen Sie darauf? Hat mich ziemlich schockiert. Haben Sie Gründe für die Frage? Neue Kenntnisse? Her damit!
 Können Sie tatsächlich erwägen, dass wer automatisch zum GMS "mutiert"? Klar war bestimmte Mitarbeit erforderlich = das Einverständnis= GMS-Verpflichtung. Spitzeln, Berichte waren eine Spezialität, die je nach der vom FO im Rahmen des Vorlaufs sondierten Eignung z.B. gefordert, gefördert, 'akzeptiert' oder sanft vermieden wurden - mit einer Entwicklungsoption o.a. - verständlich.

Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, bin aber verblüfft. Sind Sie's oder jemand anderes? Phase 2?

BTW entspricht solch "realistische Sicht" kaum den Aufgaben, der Arbeitsweise, den Auswirkungen des MfS-Apparats. Wer wollte z.B. STASI mit Bautzen gleichsetzen? Solche unzulässigen Vereinfachungen sind - wenn man ihnen nicht entgegentritt - hübsche Hintertürchen, Zeitbomben in der eigenen Glaubwürdigkeit. Nochmals BTW: eine der ältesten rhetorischen Methoden, Grundwissen operativer Arbeit. Bring den Gegner dazu, sich auf von Dir kontrollierte Ziele zu konzentrieren, und er ist keine Gefahr mehr.

Dass ein NEIN bei Anwerbungsversuchen ungefährlich war, was sonst?

Ansätze zur Beurteilung der HA XVIII: Die 'makroskopische'/phänomenologische Variante (Bilanzierung), die systemische/organische (Beurteilung des MfS im Gesellschafts-Kontext +intern), sicher auch die subjetive (von Ihnen oben angedeutet, Herausgreifen von Beispielen). Die letzte ist die angreifbarste, Pro/Contra wenig sinnvoll. Ich kann meine Zeit nicht versemmeln, Begebenheiten zu prüfen, über die andere ggf. mehr wissen oder unwiderlegbar behaupten. Gegen protektive Überzeugungen anzugehen ist wenig zielführend.

Aus Effektivitätsgründen empfehle ich Typ 2. Dass das MfS seine Macht+Möglichkeiten nicht nur destruktiv einsetzte (selbst bei Absicht unmöglich, irgendeinen positiven Effekt gibt's immer), ist unbestritten. Das klassische "Durchstellen", unter Nutzung der MfS-Optionen unschlagbares Mittel zum Zweck, gab's überall in der DDR, nicht als spezifische Eigenart der Linie XVIII. Der Minister staucht den Produktionsleiter zusammen, es läuft; der Parteisekretär telefoniert, Genehmigung wird erteilt, usw.

HA XVIII klassische Abwehr-DE: günstigstenfalls wenig Reibungspunkten zum Zuständigkeitsbereich, wenn die DE mit sich selbst befasst war (=die Regel, =Parkinson's Gesetz). Vgl. Zahl echter Spionage-UV nach HA XVIII-Bearbeitung in den 80ern. Maximale Kontrolle über max. Wirtschaftsbereiche - irre - in der Annahme, wenn alles gesteuert wird, wenn "effektive" MfS-Maßnahmen überall greifen, läuft's perfekt.

Das hat schon insgesamt nicht funktioniert, trotz absoluter SED-Macht.
Wo musste die HA XVIII eingreifen? Um Löcher zu stopfen, selektiv. Selbst bei 100% Abdeckung mit kompletten Parallelstrukturen (ha!) wäre das System immer noch den destruktiven Willkürentscheidungen der Führung ausgesetzt gewesen.

Sorry, aber es bleibt m.E. Teil der ökonomisch zwangsläufig scheiternden Machtausübung. Der Teil der HAXVIII-Tätigkeit, der systemstabilisierende Wirkungen hatte, kann die Nachteile des Kontroll-/Lenkungsbasierten Modells nicht aufwiegen.
 Die "Machtfrage", also die Tatsache, dass generell in jeder Produktionsphase absolute Kontrolle hat ausgeübt werden können, garantiert(e) eben nicht automatisch die sachgerechte Wahrnehmung dieser Option.

Alles Gute, -- Mitautor-Harry T. (am 24.09.2004)


Meine Frage bezog sich darauf, das als GMS vielleicht jeder (ohne sein Wissen) eingestuft wurde, der in einer sicherheitsrelevanten Position war, d.h. jeder Leiter. Als Unterschied zum IM, der wohl immer mit Verpflichtungserklärung, Treffberichten usw. wusste was er konspirativ tat. In den höheren Kreisen war Kontakt zum MfS fast völlig normal, man hatte zusammen (an zivilen Hochschulen oder Parteihochschulen) studiert, der eine ging in die Wirtschaft/ Staatsapparat und der andere "zur Firma"; dies wurde nicht als Verwerflich angesehen und der riesige Umfang der Spitzelei in der DDR war damals unbekannt, man orientierte sich eher am heroischen Bild des "Kundschafters für den Frieden". Wenn man mit dem heutigen Wissen zurück blickt, dann gibt vieles ein völlig falschen Bild, so einfach waren die Realitäten in der DDR nicht. -- Mitautor-Vauen (am 24.09.2004)





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