Absatz 1 | Absatz 1 | |
Der Bereich '''Kommerzielle Koordinierung''' (abgekürzt '''KoKo''') im [[Ministerium für Außenhandel]] ([[Abkürzungen|MAH]]) entstand ab 1964 unter der Leitung des [[Ministerium für Staatssicherheit|MfS]]-Offiziers [[Alexander Schalck-Golodkowski]], welcher 1967 - als Nachfolger des zuvor (kommissarisch) vom [[Ministerium für Staatssicherheit|MfS]] eingesetzten Bevollmächtigten Horst Roigk - erster offizieller Leiter des Bereichs wurde. | Der Bereich '''Kommerzielle Koordinierung''' (auch ''die Kommerzielle Koordinierung'', '''KoKo''') entstand ab [[1964]] im [[Ministerium für Außenhandel]] ([[Ministerium für Außenhandel|MAH]]) unter der Leitung des [[MfS]]-Offiziers [[Alexander Schalck-Golodkowski]]. [[Alexander Schalck-Golodkowski|Schalck]] hatte diesen Schritt selbst angeregt und sich in einem [[Schreiben Schalck an Matern vom 29.12. 1965|Brief]] an [[Hermann Matern]] als geeigneten Leitungskandidaten empfohlen. Die Gründung wurde mit der [[Verfügung 61-66 des Vorsitzenden des Ministerrats|Verfügung 61/66]] des [[Ministerrat|Ministerrats]] vom 1. April [[1966]] aktenkundig und galt zum 1. Oktober jenes Jahres als vollzogen. | |
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Die Tätigkeit der KoKo umfasste vor allem: | Laut der [[Ministerrat|Ministerrats]]-[[Verfügung 61-66 des Vorsitzenden des Ministerrats|Verfügung 61/66]] unterstand die '''KoKo''' in ihrer Gründungsphase direkt dem [[Ministerium für Außenhandel|Minister für Außenhandel]]. Bis zum 2. November [[1976]] verblieb der Bereich formal im [[Ministerium für Außenhandel|MAH]], dann wurde er per Beschluss des [[Politbüro|Politbüros]] direkt der [[ZK der SED|ZK]]-Abteilung Wirtschaft von [[Günter Mittag]] unterstellt. Die KoKo arbeitete außerhalb des [[Staatsplan|Staatsplans]] und war nur an Weisungen der höchsten [[SED]]-Spitze ([[Erich Honecker|Honecker]], [[Günter Mittag|Mittag]]) und des [[Ministerium für Staatssicherheit|MfS]] ([[Erich Mielke|Mielke]]) gebunden. | |
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Die Tätigkeit des Bereichs Kommerzielle Koordinierung unterlag weitgehend der Geheimhaltung und war deshalb in der DDR-Öffentlichkeit bis zum Herbst 1989 praktisch unbekannt. | Die Tätigkeit der KoKo umfasste vor allem: | |
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Absatz 10 | Absatz 14 | |
* ''Steuerbetrug'' - Unter Mithilfe westdeutscher Partner wurden z.B. für Rohstoffe, Textilien oder Dienstleistungen Preise deutlich über dem marktüblichen Niveau "ausgehandelt". Da in der BRD für den innerdeutschen Handel Steuererleichterungen galten, konnte der westliche Partner umso mehr Steuern sparen, je höher die Preise lagen. Die Steuerersparnis wurde zwischen den Akteuren aufgeteilt bzw. ausgezahlt. Teilweise wurde auch mit Luftbuchungen und Scheinlieferungen operiert, bei denen keine Waren bewegt, sondern nur die westlichen Steuerbehörden betrogen wurden. Beispiel für solchen Betrug: angebliche Lieferungen für das Festspeicherwerk in [[Zella-Mehlis]] | * '''''Steuerbetrug''''' - Mit Hilfe westdeutscher Partner wurden z.B. für Rohstoffe, Textilien oder Dienstleistungen Preise deutlich über dem marktüblichen Niveau "ausgehandelt". Da in der [[BRD]] für den innerdeutschen Handel Steuererleichterungen galten, konnte der westliche Partner umso mehr Steuern sparen, je höher die Preise lagen. Die Steuerersparnis wurde zwischen den Akteuren aufgeteilt bzw. ausgezahlt. Teilweise wurde auch mit Luftbuchungen und Scheinlieferungen operiert, bei denen keine Waren bewegt, sondern nur die westlichen Steuerbehörden betrogen wurden. Beispiel für solchen Betrug: angebliche Lieferungen für das Festspeicherwerk in [[Zella-Mehlis]] | |
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Das vom Bereich KoKo erwirtschaftete Devisenaufkommen betrug in den 80er Jahren mehrere Milliarden Valutamark p.a., diese Gelder wurden unter anderem verwendet: | Zu den wichtigsten Aufgaben des Bereichs zählten die so genannten [[Embargogeschäfte]], also die Beschaffung strategischer Güter aus dem [[NSW]], die wegen gesetzlicher Bestimmungen nicht in den Ostblock exportiert werden durften (siehe dort). | |
* für die Finanzierung der westdeutschen DKP (ca. 60 bis 70 Millionen DM jährlich) und anderer ausländischer kommunistischer Parteien | * für die Finanzierung der westdeutschen DKP (ca. 60 bis 70 Millionen DM jährlich) und anderer ausländischer kommunistischer Parteien | |
Absatz 17 | Absatz 22 | |
* für die Versorgung der Spitzenfunktionäre in [[Wandlitz]] | * für die Versorgung der [[Politbüro]]-Funktionäre in [[Wandlitz]] ([[Letex]]) | |
Absatz 19 | Absatz 24 | |
* für den "operativen Bedarf" des [[Ministerium für Staatssicherheit|Ministeriums für Staatssicherheit]] und der Auslandsspionage, sowie | * für den ''operativen Bedarf'' des [[Ministerium für Staatssicherheit|MfS]] und der [[Hauptverwaltung Aufklärung|Auslandsspionage]], sowie | |
* zur kurzfristigen Bewältigung von Versorgungskrisen. | * zur kurzfristigen Bewältigung von Versorgungskrisen. | |
Eine der wichtigsten Aufgaben des Bereichs KoKo war die Beschaffung von Embargogütern, d.h. von Produkten, die auf der so genannten "CoCom-Liste" der westlichen Industrienationen verzeichnet waren und nicht in den Ostblock exportiert werden durften. Dazu zählten etwa Computertechnologie und Produktionsanlagen für die [[Mikroelektronik]] oder militärisch verwendbare Güter. | [[1982]] konnte die drohende Zahlungsunfähigkeit der DDR nur dank der "finanztechnischen" Möglichkeiten des Bereichs KoKo abgewendet werden (siehe [[Pleite]]). Im Zuge der Zahlungskrise wurden über 50% der [[Staatsreserve]] '''B''' und '''C''' über die KoKo verkauft. [[1986]] erhielt der Bereich von [[Günter Mittag|Mittag]] auch das Recht, die strategischen Güter der [[Staatsreserve]] '''A''' zu veräußern, also die wichtigsten Roh- und Grundstoffreserven sowie Waffen und Munitionsbestände, die eigentlich zur Ausrüstung der [[NVA]] bestimmt waren. | |
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Zum Bereich KoKo zählten auch Firmen, die Waffenhandel betrieben, z.B. mit Verkäufen von ausgedientem [[NVA]]-Material an Entwicklungsländer (IMES GmbH). Ein nicht mehr vollständig realisiertes Projekt war die Produktion der "MPi 940", einer modifizierten Kalaschnikow-Maschinenpistole, die NATO-Munition verschießen konnte. Dieser potenzielle Verkaufsschlager hätte dem Bereich KoKo etliche Milliarden einbringen können, Peru und Indien hatten 1989 bereits Verträge über die Lieferung mehrerer Millionen dieser Waffen abgeschlossen. | Die [[KoKo-Zentrale]] in [[Berlin]] hatte [[1989]] 171 Mitarbeiter, in den zum Bereich KoKo zählenden Firmen arbeiteten etwa 3.000 Personen. | |
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*'''''Struktur von KoKo:''''' | Das [[Ministerium für Staatssicherheit]] entschied über die Besetzung der Planstellen, das galt auch für die unteren Ebenen des KoKo-Apparates bis hin zu den Kraftfahrern. Die Bezahlung von Angestellten des Bereichs KoKo lag weit über dem Durchschnittsverdienst. | |
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