Kurt Fischer

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Absatz 7Absatz 7

Starb der sozialdemokratische Ministerpräsident tatsächlich an einer Herzerkrankung, wie die Krankenakten bezeugen? Zeitzeugen, so der Schriftsteller Theodor Plievier, gelegentlicher Gast des sächsischen Innenministers in der Dresdener Villa am Meisenweg, meinten, dass Friedrichs vergiftet wurde. Auch der Historiker Professor Wolfgang Leonhard äußerte auf Grund der ihm  bekannten Tatsachen in einem Gespräch die gleiche Vermutung. Robert Bialek, ehemals Chefinspizient der Volkspolizei, zweifelte nicht an dem vorsätzlichen Giftmord. Erich Gniffke, ehemals Kanzleichef Ulbrichs, vermutete in seinem Erinnerungsbuch gleiches. Den Giftmord verübte der  sächsische Innenminister Kurt Fischer, ehemaliger Oberstleutnant der Sowjetarmee und politischer Kommissar.

Starb der sozialdemokratische Ministerpräsident tatsächlich an einer Herzerkrankung, wie die
Krankenakten bezeugen? Zeitzeugen, so der Schriftsteller Theodor Plievier, gelegentlicher Gast des sächsischen Innenministers in der Dresdener Villa am Meisenweg, meinten, dass Friedrichs vergiftet wurde. Auch der Historiker Professor Wolfgang Leonhard äußerte auf Grund der ihm  bekannten Tatsachen in einem Gespräch die gleiche Vermutung. Robert Bialek, ehemals Chefinspizient der Volkspolizei, zweifelte nicht an dem vorsätzlichen Giftmord. Erich Gniffke, ehemals Kanzleichef Ulbrichs, vermutete in seinem Erinnerungsbuch gleiches. Den Giftmord verübte der  sächsische Innenminister Kurt Fischer, ehemaliger Oberstleutnant der Sowjetarmee und politischer Kommissar.


Beschreiben Sie hier die neue Seite. Kurt Fischer war wie Walter Ulbricht Sachse, beide wurden in Leipzig geboren. Fischer kämpfte im März 1921 bei der kommunistischen Revolte in Leuna, emigrierte danach in die Sowjetunion, war dort Mitarbeiter im Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale, Absolvent der Militärakademie in Moskau und Spionageagent in China, Oberstleutnant der Sowjetarmee und Politkommissar, während der letzten beiden Kriegsjahre Dozent an der Kasaner Universität und zuletzt militärpolitischer Kommentator beim sowjetischen Rundfunk des deutschen Nationalkomitees. Noch vor der Kapitulation der deutschen Wehrmacht, am 1. Mai 1945, empfing Fischer auf dem schlesischen Feldflugplatz Sagan die aus Moskau eingeflogene Initiativgruppe Ackermann des Zentralkomitees der KPD, die das Verwaltungskommando in Sachsen übernehmen sollte. Fischer sollte das politische Innenressort übernehmen; Ackermann wurde alsbald nach Berlin in das Zentralsekretariat Ulbrichts abberufen.

Der mysteriöse Tod des sächsischenMinisterpräsidenten Dr.Rudolf Friedrichs

 Der sowjetische Ministerpräsident Rudolf Friedrichs starb überraschend Mitte Juni 1947, als der Konflikt mit seinem Innenminister Kurt Fischer eskalierte.. Bis in die jüngste Vergangenheit blieb die Todesursache ungeklärt.
 Am 19. Juni 1947 versammelten sich die Mitglieder des Sächsischen Landtages zu einer Trauersitzung, umdes Ministerpräsidenten Rudolf Friedrichs zu gedenken. Friedrichs starb am 13.Juni im Friedrichsstädter Krankenhaus in Dresden an einer akuten koronaren Herzerkrankung. Sein
Tod erfolgte plötzlich, sieben Tage nach der Münchener Ministerpräsidentenkonferenz am 6. Juni1947, an der der sächsische Ministerpräsident teilnehmen wollte. Im Lande Sachsen bestand an jenem Tage Landestrauer. Dr. Rudolf Friedrichs wurde in Bad Elster zu Grabe getragen. Ernst Reuter, Oberbürgermeister der freien Stadt Berlin, und Louise Schroeder, dessen Vertreterin, waren zum Staatsbegräbnis gekommen, auch Ulbricht, der Generalsekretär mit dem leninistischen Spitzbart, und neben ihm in der Trauergemeinde Sachsens Innenminister Fischer, ganz und gar weißhaarig mit umrandeter Hornbrille.

Starb der sozialdemokratische Ministerpräsident tatsächlich an einer Herzerkrankung, wie die Krankenakten bezeugen? Zeitzeugen, so der Schriftsteller Theodor Plievier, gelegentlicher Gast des sächsischen Innenministers in der Dresdener Villa am Meisenweg, meinten, dass Friedrichs vergiftet wurde. Auch der Historiker Professor Wolfgang Leonhard äußerte auf Grund der ihm bekannten Tatsachen in einem Gespräch die gleiche Vermutung. Robert Bialek, ehemals Chefinspizient der Volkspolizei, zweifelte nicht an dem vorsätzlichen Giftmord. Erich Gniffke, ehemals Kanzleichef Ulbrichs, vermutete in seinem Erinnerungsbuch gleiches. Den Giftmord verübte der sächsische Innenminister Kurt Fischer, ehemaliger Oberstleutnant der Sowjetarmee und politischer Kommissar.

 Die Indizien sind freilich zweifelhaft; Wolfgang Leonhard hat seine Vermutungen aus zweiter Hand erfahren; Theodor Plievier und Erich Gniffke leben nicht mehr. Der ehemalige schlesische
Kommunist und für das Ostbüro tätige Robert Bialek wurde 1956 aus Westberlin entführt und verstarb in einem Todeskerker der Staatssicherheit.Es gibt aber auch Zweifel. Der ehemalige Geschichtsprofessor der Pädagogischen Hochschule Dresden Horst Schneider, PDS, beschuldigte Leonhard der Lüge; die beiden jungen Historiker Mike Schmeitzner und Michael Rudloff vermochten beiihren Recherchen nichts Neues in der Sache zubringen. Der sächsische Landeshistoriker Karlheinz Blaschke, von Professor Kurt Biedenkopf dienstlich beauftragt, die Krankenakte Friedrichs zu beurteilen, erklärte auf einem Landtagssymposium, dass der erkrankte Friedrichs physisch und körperlich völlig ruiniert gewesen und an den Drangsalen seines Berufes verstorben sei. Solcherart kann man politisch freilich auch einen Giftmord verheimlichen, wenn man archivgläubiger Historiker ist und die literarischen Quellen nicht kennt oder eben nicht kennen will. Professor Klausdietmar Henke vom Dresdener Hannah-Arendt-Institut (SPD) will erst die Moskauer Akten des Geheimdienstes sichten, um den Fall wahrheitsgemäß zu klären. Schließlich, so Henke, werde Fischer nachgesagt, für den sowjetischen Geheimdienst tätig gewesen zu sein.Die freistaatliche Staatsanwaltschaft Sachsens hat ihr Ermittlungsverfahren mittlerweile eingestellt, da der beschuldigte Fischer schon 1953 verstorben und nicht mehr strafbar ist.Die Historikerkommission der sächsischen Sozialdemokraten zweifelt nun schließlich selbst daran, dass Friedrichs tatsächlich ermordet wurde. Und Professor Biedenkopf ist beruhigt, da man eben in der Sache nichts so richtig weiß und auch gar nichts wissen will.

  Rudolf Friedrichs wurde am 9. März 1892 in Plauen im sächsischen Vogtland geboren, besuchte dort die Volksschule  und in Dresden die gymnasiale Kreuzschule, absolvierte dann nach dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften sowie der Volkswirtschaft an der Leipziger Universität. Wegen seiner Einberufung in das sächsische Heer konnte Friedrichs erst 1919 nach dem Krieg sein Studium fortsetzen. Nach juristischem Staatsexamen war er als Gerichtsreferendar tätig. 1923 wurde er Regierungsbeamter in der sächsischen Verwaltung des Innenministeriums und Mitglied der SPD, 1926 Assessor und Regierungsrat, 1927 ehrenamtlicher Stadtrat in Dresden. Im März 1933 entließ das nationalsozialistisch besetzte sächsische Innenministerium den sozialdemokratischen Regierungsrat. Nach mehrwöchiger Haft wurde er schließlich entlassen und war bis zum Kriegsende als Lebensmittelhändler tätig.

  Mitte Mai 1945 setzte der sowjetische Stadtkommandant von Dresden eine antifaschistische Stadtverwaltung ein. Als Oberbürgermeister wurde der ehemalige Kommunalpolitiker Rudolf Friedrichs ernannt, Erster Bürgermeister wurden die Emigranten Kurt Fischer und Hermann Matern, beide Erzkommunisten, die als Sonderbeauftragte aus Moskau kamen. AchtWochen danach setzte die sowjetische Militäradministration eine Landesverwaltung für Sachsen ein, der in der Exekutiven faktisch der Dresdener Magistrat angehörte. Friedrichs wurde Landespräsident, Fischer sein Vizepräsident und beauftragt für Inneres, Post und Volksbildung. Es war klar: nach dem Willen Ulbrichts mußte die Sowjetisierung der Zone ganz demokratisch aussehen, Antifaschisten mussten in die Ämter gesetzt werden, aber die Kommunisten mussten die politische Gewalt in ihrer Hand behalten. So auch in Sachsen. In Sachsen musste die antifaschistische Ordnung am ehesten verwirklicht werden.

  In seiner Rede zur Einweisung der Landesverwaltung am    18. Juli 1945 postulierte Friedrichs programmatisch, daß an Stelle totalitärer, sklavischer Massenverblödung in friedlicher Aufbauarbeit eine freiheitliche demokratische Ordnung zur Schaffung einer geeinten, unteilbaren deutschen Republik treten müsse. Er bekannte sich zum Volksentscheid über die Enteignung des Großgrundbesitzes, zur Wirtschaftsplanung und zur Planung der Volkswirtschaft. Im Herbst 1945 verlieh die Universität Jena Friedrichs den juristischen Ehrendoktortitel.

 In der sowjetisch besetzten Zone herrschte damals wirtschaftliches Chaos.Ein einheitliches Wirtschaftsgebiet war nach der alliierten Besetzung des Reiches nicht zustande gekommen. Der amerikanische und britische Oberkommandierende hatten auf Grund alliierter Vereinbarungenim Juli 1945 Teile Mecklenburgs, Thüringens und Sachsens dem sowjetischen Oberbefehlshaber zurweiterer Besetzung und zur Industriedemontage übergeben. Der Eisenbahnverkehr war infolge des Gleisabbaues in der sowjetischen Zone weitgehend beschränkt. Die Versorgung der Bevölkerung war gefährdet. Es kamen keine Kohlen nach dem amerikanischen Besatzungsgebiet, keine Kartoffeln ins Ruhrgebiet. In den Unterkünften der Vertriebenen verstarben Tausende an Hunger und Krankheiten. Hunderttausende waren durch die Vertreibungen obdachlos geworden. Die Angst vor einer Aushungerung der Bevölkerung während des Winters wuchs. Die Industrie war faktisch lahm gelegt. Ausrüstungen und Maschinen wurden vor allem in der sowjetisch besetzten Zone demontiert und als Industriebeute abtransportiert. Das thüringische Optikwerk Zeiss in Jena wurde samt Maschinen und Monteuren und deren Familien ins Uralgebiet verfrachtet. Infolge der Zwangsdeportationen au den ehemaligen deutschen Ostgebieten, im besonderen aus den Provinzen Ostpreußen, Pommern, Westpreußen, Schlesien, aus der Tschechoslowakei und aus Ungarn  sowie der Enteignungen bei der Bodenreform in der sowjetisch besetzten Zone herrschte in ganz Deutschland wirtschaftliche Not.Jeglicher Verkehr wurde damals von sowjetischem Militär kontrolliert.

  Deutschland brauchte wirtschaftliche Hilfe. Der Sozialdemokrat Otto Grotewohl erklärte schon am 11. November 1945 auf einer Rede in Berlin: "Man lasse uns genügend Land, um uns zu ernähren, genügend Rohstoffe zur Produktion unseres eigenen Bedarfs, und man lasse uns den Großbetrieb, der nicht der Kriegswirtschaft dient." Ausdrücklich bekannte sich Grotewohl zur Reichseinheit.

 Ungeachtet der Massenverelendung der deutschen Bevölkerung befahl die sowjetische Militäradministration im Juni 1945 die Durchführung der Bodenreform in ihrer gesamten
Besatzungszone. Am 3. September wurde für Sachsen eine entsprechende Verordnung erlassen. Mit der Durchführung der Bodenreform wurde Innenminister Kurt Fischer beauftragt.

 Die Bodenreform war ganz und gar nach dem Willen der deutschen Kommunisten und ihrer Volksfront, der Antifa. Die KPD forderte indessen schon in ihrem Aufruf vom 11. Juni 1945 die Enteignung des gesamten Vermögens der Nazibonzen und Kriegsverbrecher, die Übergabe dieses Vermögens in die Hände des Volkes zur Verfügung der kommunalen oder provinzialen Selbstverwaltungsorgane. Tausende vertriebener Bauern und Landwirte aus den deutschen Ostgebieten 
mussten in der sowjetischen Besatzungszone sesshaft gemacht werden, die Ernährung für die Notleidende Bevölkerung gesichert werden. In der Oberlausitz war zu dieser Zeit bereits Großgrundbesitz enteignet worden, so die Barnimsche Waldstiftung im ehemaligen Kreis Rothenburg, um diese zu Schlesien gehörigen Besitzungen einer sorbischen Autonomie unter tschechische Herrschaft zu stellen. Der sorbische Nationalausschuss stellte damals an die Regierungschefs der Alliierten den Antrag, die gesamte Oberlausitz als sorbische Autonomie unter tschechische Verwaltung zu stellen und lehnte die Aufnahme von deutschen Vertrieben in diesem Gebiete ab. Bis zum Ende des Jahres war die Aktion im wesentlichen beendet. Zu gleicher Zeit ordnete Innenminister Fischer die Vertreibung des sächsischen Junkertums aus ihren Adelssitzen an.Im Oktober wurden die Angehörigen der Oberlausitzer Adelsfamilien und Familien von Gutsbesitzern in ein Barackenlager bei Radeberg gebracht, so die Familie des Grafen Schall aus Gaußig, die Familie Wallwitz aus Niedergurig und andere. Von hier aus wurden sie auf die Insel Rügen gebracht und dort interniert. Ihre Schlösser und Herrschaftshäuser wurden zu Volkseigentum erklärt oder dienten sowjetischen Sicherheitsorganen als Unterkunft und Kasinos oder für kommunale Zwecke. Viele der Gutshäuser in der Oberlausitz wurden dem Erdboden gleichgemacht, so das Herrschaftshaus derer zu Polenz in Obercunewalde.

  Die Landesbodenkommissionen beschlagnahmten bei der Reform insgesamt mehr als drei Millionen Hektar Bodenland und konfiszierten die Wirtschafts- und Wohngebäude samt lebendem und totem Inventar, ja selbst den Hausrat der Großgrundbesitzer, von denen die meisten interniert wurden, auch Kinder und Kranke. Enteignet wurde besatzungshoheitlich nicht nur der Grundbesitz von mehr als einhundert Hektar, sondern auch kleinere Güter, obwohl deutschen Verwaltungsorganen Sequestrierungen und Zwangsausweisungen laut sowjetischem Militärbefehl nur auf Grund gesetzlicher Verfügungen erlaubt waren.

 Am 7. April 1946, einem Sonntag, fand im Dresdener Kurhaus Bühlau ein gemeinsamer Parteitag der sächsischen SPD und der KPD statt, an dem 1200 Delegierte beider Parteien teilnahmen und die Vereinigung beschlossen wurde. Der Sozialdemokrat Otto Buchwitz und der Kommunist Wilhelm Koenen wurden zu Vorsitzenden des Landesvorstandes Sachsen der SED gewählt. Zwei Wochen später, am 21. und 22. April, wurde im Berliner Admiralspalast die Vereinigung beider Abeiterparteien für die gesamte sowjetisch besetzte Zone beschlossen.

 Im Juni 1946 beschloss die Provinzialverwaltung Sachsen den Volksentscheid zur Enteignung der Nazikriegsverbrecher. Innenminister Fischer erklärte am 29. Juni 1946 in der sächsischen Presse zu dieser Verordnung:"Dieser Volksentscheid soll ein Strafgericht sein über Nazi-und Kriegsverbrecher.Er hat nichts zu tun mit Sozialisierung. Er sichert jedes private Eigentum. Nur die Betriebe der Kriegs- und Naziverbrecher sollen rechtskräftig durch den Volksentscheid in die Hände des Volkes überführt werden. Der Volksentscheid ist eine politische Aktion des Volks zur Sicherung des Friedens."
  Eine radikale Entnazifizierung ermöglichte eine exzessive Vermögensbeschlagnahme. Von derEnteignung betroffen war vor allem Vermögen und Inventar, das für die antifaschistische Herrschaft von Nutzen war. Hauptverantwortlicher für die Sequestrierungsaktion in Sachsen war Fischer im Innenressort der Landesverwaltung, der in tschekistischer Manier skrupellos eigene Richtlinienkompetenzen für die Sowjetisierung des Landes in Kraft setzte. Friedrichs ließ mehrfach die Verordnungen seines Innenministers revidieren und berichtete über die nicht legalen Vorkommnisse bei der Zentralverwaltung in Berlin, freilich ohne Erfolg. Die Enteignung des Privatbesitzes insbesondere der ehemaligen Gutsbesitzer und Fabrikanten erfolgte radikal und entbehrte jeglicher Gesetzlichkeit. In Bautzen war das Johnewerk wegen angeblicher Sabotage bereits vor dem Volksentscheid enteignet worden, ebenso die Fleischerei Zieschang wegen angeblicher nazistischer Tätigkeit des Fleischermeisters. Rigoros wurden alle ehemaligen Mitglieder der Nazipartei (NSDAP) und ihrer Verbände, aber auch Angehörige anderer Organisationen und ehemalige Wehrmachtsoffiziere aus dem öffentlichen Dienst entlassen.

  In einem Antrag an die Landesverwaltung Sachsen vom 31.Juli 1946 forderte die CDU, die Enteignungen zu revidieren, da diese seitens der Kommissionen mit unverantwortlicher Willkür durchgeführt wurden. Fischer erklärte öffentlich, dass eine solche Forderung nicht mehr und nicht weniger ist als ein Verlangen, die Neubauernstellen auf diesem enteigneten Besitz zu liquidieren und den enteigneten Großgrundbesitzern und Naziverbrechern zurückzugeben. Fischer lehnte eine Revision der Enteignung brüsk ab.

  Nach den Landtagswahlen im Oktober 1946 wurden in der sowjetischen Besatzungszone die traditionellen Amtsbezeichnungen wieder eingeführt.Friedrichs wurde am 11. Dezember 1946 zum Ministerpräsidenten gewählt. Fischer leitete im Kabinett als Vizepräsident das Innenressort,
Selbmann wurde Wirtschaftsminister. Obwohl Friedrichs in seinem Amt die von der sowjetischenPolitverwaltung eingeforderte Vereinigung der SPD und der KPD bejahte, wurde er selbst zum Opfer der kommunistischen Klassenpolitik, die bald nach Ausschaltung der legalen Exekutiven die politische Ausmerzung des so genannten Sozialfaschismus der Sozialdemokratie betrieb.

  Generalsekretär Walter Ulbricht konzipierte damals schon die Richtlinien für die Partei des neuen
Typus, die festlegten, den Parlamentsabsolutismus zu beseitigen und die Parteidiktatur der SED zu festigen, im besonderen aber den parlamentarischen Sozialdemokratismus zu liquidieren. Friedrichs war ganz und gar der Vertreter der formalen parlamentarischen Demokratie, Fischer ihr absoluter Gegner. Die Unvereinbarkeit ihrerAnschauungen zeigte sich bald in offenen Auseinandersetzungen.Vornehmlich das Vorgehen gegen so genannte Klassenfeinde gaben Anlass genug. Seit Beginn des Jahres 1947 häuften sich die Verhaftungen von so genannten Wirtschaftsverbrechern und angeblichen Saboteuren der Volkswirtschaft. Friedrichs bezweifelte in signifikanten Fällen die Korrektheit der juristischen Beweismittel und protestierte gegen die Entlassungen von Sozialdemokraten aus dem Verwaltungsdienst. Der Innenminister wahrte zum Anschein die Eintracht und folgte in der Öffentlichkeit seinem Präsidenten demonstrativ Schritt auf Schritt.

  Am 7.Mai 1947lud der bayrische Ministerpräsident Dr. Hans Ehard (CSU) in eigener Initiative anläßlich der Notlage in ganz Deutschland kurzfristig zu einer Konferenz sämtlicher Ministerpräsidenten der Länder nach München ein.

  Die Einladung des bayrischen Ministerpräsidenten führten im Zentralsekretariat der SED zu einem Eklat.Die ehemaligen Sozialdemokraten Fechner und Gniffke sowie die kommunistischen Genossen Merker und Ackermann befürworteten die Teilnahme.Otto Grotewohl enthielt sich der Abstimmung.Generalsekretär Ulbricht selbst forderte Verhandlungen über einen deutschen Einheitsstaat und lehnte die Teilnahme der Ministerpräsidenten aus den sowjetisch besetzten Ländern kategorisch ab, wohl ohne den sowjetischen Politchef Oberst Tulpanow hinlänglich konsultiert zu haben. Er behauptete aber, strikt den Standpunkt der sowjetischen Genossen in Karlshorst zu vertreten. Offenbarwar sich die sowjetischeMilitäradministration selbst noch nicht ganz im klaren.Damals erhoffte man noch baldigeFriedensverhandlungen und auf ein Ende des Besatzungsregimes.Auch der SPD-Vorsitzende Kurt Schumacher in Hannover lehnte die Münchener Konferenz ab, da er nicht mit den abspenstigen Regierungschefs der Ostzone verhandeln wollte und letztlich wohl auch keinen föderalistischen Bundesstaat für ganz Deutschland wollte. Man erkannte wohl, dass es nicht opportun sein konnte, das Verlangen der deutschen Bevölkerung auf Wiederherstellung der Reichseinheit offen zu brüskieren.Ulbricht berief alsbald eine Tagung seines Zentralkomitees ein. Man tagte in einem großen Hotel im Harz. Alle fünf Ministerpräsidenten nahmen an der Konferenz teil. Auch Oberst Tulpanow aus Karlshorst war anwesend.Er hörte zu, aber sagte nichts. Die Genossen des Zentralkomitees waren sich einig. Die SED propagierte seit einem Jahr die deutsche Einheit. Man konnte sie jetzt nicht verweigern. Die fünf Landespräsidenten waren gewillt,in München wegen der künftigen Einheit zu verhandeln.

 Oberst Tulpanow entschied schließlich in Karlshorst, und Ulbricht willigte ein.Die Ministerpräsidenten sollten in München bedingungslos sofortige Verhandlungen zur Bildung einer deutschen Zentralverwaltung durch die Verständigung der demokratischen deutschen Parteien und Gewerkschaften fordern. Die Zentralverwaltung sollte beauftragt werden, einen deutschen Einheitsstaat zu schaffen. Ulbricht konnte sicher sein, dass bei der gegebenen Situation die Konferenz schon bei Beginn an der eingebrachten Tagesordnung gescheitert wäre und hätte Grund genug gehabt, die imperialistischen Alliierten zur Zeit des ohnehin schon andauernden ´kalten Krieges´ ebenso wie die deutschen Regierungschefs der anderen alliierten Zonen wegen ihres volksfeindlichen Verhaltens zu beschimpfen.

  Die sowjetzonale Forderung aus Berlin, die eine Willensbildung des Volkes gänzlich ausschloss und auch von den Oberbefehlshabern der amerikanischen, britischen und französischen Alliierten abgelehnt wurde, war für die Landespräsidenten der drei Besatzungszonen nicht annehmbar, und man beschloß daher, vorrangig die gemeinsame Abwendung der gegenwärtigen Notlage und die solidarische Winterversorgung mit Brennstoffen auf die Tagesordnung zu setzen. Ulbricht reagierte sofort und ordnete an, dass die entsandten Ministerpräsidenten im Falle der Ablehnung des Antrags sofort die Konferenz zu verlassen haben.

  Ulbricht war sich seiner Sache indessen nicht sicher. Die innerparteiliche Situation in der SED war zweifellos kritisch; die Mehrheit vor allem der sozialdemokratischen Parteikader opponierte gegen die Sowjetisierungspolitik der Kommunisten; Sachsens Landespräsident opponierte ohnehin wegen dauernder Rechtsverletzungen im Innenressort. Thüringens Landespräsident Paul konspirierte.Der Landespräsident von Sachsen-Anhalt war ebenfalls kaum opportun.Man musste einen von ihnen ausschalten.Man musste Fischer nach München schicken, nicht Friedrichs. Paul sollte fahren und gegebenenfalls sofort mit den anderen Ministerpräsidenten die Konferenz verlassen.

 Friedrichs äußerte sich kurz vor seinem plötzlichen Tode in einem Gespräch mit dem thüringischen Ministerpräsidenten Rudolf Paul, einem ehemaligen Kommilitonen aus Leipzig, über sein Verhältnis zu Fischer und befürchtete einen Meuchelmord. Der Schriftsteller Theodor Plievier, seinerzeit einer der besten Kenner des sowjetischen Politapparates in Karlshorst, hatte die Tagebuchaufzeichnungen Pauls gelesen und berichtete romanhaft darüber. Man mag selbst lesen, was Plievier schreibt.

  Friedrichs fuhr an jenem Tag im Mai gemeinsam mit Paul von Weimar nach Dresden. Sie kannten sich beide gut genug. Paul war als Delegationsleiter für die Münchener Konferenz beauftragt worden.Friedrichs sah krank aus. Er redete kaum und blickte starr geradeaus auf die Straße. Der Fahrer fuhr durch den Klosterlausnitzer Forst. Friedrich wollte aussteigen, allein sein, um mit Paul zu sprechen.Paul ließ halten. Beide stiegen aus, gingen nebeneinander her unter den hohen Bäumen des Klosternauslitzer Forstes. Friedrichs blickte sich nach dem Wagen um, zwanzig oder dreißig Schritte hatten sie sich entfernt.Er atmete schwer, und den Ausdruck seiner Augen sollte Paul nicht mehr vergessen.
 "Ich werde ermordet", brachte Friedrichs hervor. "Ich bin nicht der erste, schon andere vor mir.Die Schurken vergiften mich. Ich trinke und esse nichts mehr, doch es nützt mir nichts...Höre zu, du kennst Fischer nicht, kennst ihn nicht wie ich. Auf dem Bankett, damals unter Shukow noch, habe ich schon von ihm gesprochen. auch von seinen amourösen Affären mit Polizistinnen.Eine, ein junges Ding -ich meine, du hast sie schon bei ihm im Haus gesehen, braunes Haar und Rehaugen , die hat er geschwängert, dann ist sie verschwunden. Ich sage verschwunden, sie ist nicht mehr aufzufinden. Eine andere hat sie abgelöst, blond und zart ist sie; Fischer ist feist, gedunsen, er trinkt sehr viel. Und die Blonde wurde wie die erste geschwängert, und dann verschwand sie. Jetzt hat er eine dritte ins Haus genommen. Ein Dieb ist er ..., was ist aus der Angelegenheit der Briefe Goethes an den Grafen Brühl geworden? Er hat die Briefe bei der Familie beschlagnahmt, hat sie bei dir für das Archiv des Landes Thüringen für Gummireifen eingetauscht. Aber nicht alle. Ein Teil blieb in seiner Hand, so das Bänkelsängerlied. Ich habe es selbst bei ihm gesehen. So viele Fälle, kriminelle Fälle, und ich hatte alles aktenkundig. Sollte ich zusehen, konnte ich zusehen, mußte ich noch länger anhören, wie er sich in der Trunkenheit mit gemeinen Morden brüstete? Ich konnte nicht länger, fuhr nach Berlin, legte mein Material auf den Tisch, saß dort Ulbricht gegenüber. Was für ein Mensch, er hörte ungerührt zu, blickte mich an aus blauen Augen - ich wußte nicht, was er dachte; es lief mir eisig den Rückenherunter. Ja, etwas besorgt war er, etwas kopfschüttelnd, so wie über die immer wiederkehrende Unart eines schlecht geratenen Kindes..Was ist denn geschehen? Eine interne Sitzung. Fischer war geladen, doch Fischer kehrte zurück. Nicht ihn ließen sie fallen, nicht ihn, nicht ihn...Verstehst du...nein, du verstehst nicht, glaubst, ich bin krank. Ich bin nicht krank, ich muß es dir sagen, du wirst nach München fahren, aber du sollst wissen, was geschieht, einer soll wissen..."

 Sie fuhren weiter nach Dresden zu Friedrichs Villa am Meisenweg, in der die Prominenz der Partei und Regierung wohnte. Fischer wohnte in der Villa gerade gegenüber, Hausnummer 16.

  Am Morgen des 6.Juni fuhr Paul abermals auf der Autobahn zum Hermsdorfer Kreuz. Hier sollten sich die Ostpräsidenten zur gemeinsamen Weiterfahrt nach München treffen. Paul wartete auf Friedrichs. Eine Limousine mit der Standarte des Landes Sachsen kam und hielt an. Aber nicht Friedrichs stieg aus, an seiner Stelle erschien dessen Innenminister Fischer. Was war geschehen? Fischer berichtete:"Der Ministerpräsident ist tödlich erkrankt. Sein Zustand ist hoffnungslos, die Ärzte rechnen mit seinem baldigen Ableben...Wir können nicht länger warten. Wir müssen fahren. Ich habe Ihnen nochmals vom Zentralsekretariat auszurichten, dass wir auf der Stelle aufzustehen und die Konferenz zu verlassen haben, wenn unser Antrag nicht angenommen wird."

  Zum Abendessen in einem Münchener Hotel saßen die Repräsentanten aller deutscher Länder gemeinsam an einem Tisch. Im Sitzungssaal der bayrischen Staatskanzlei tagte man zu später Stunde, ein letzter Versuch der Einigung. Die Tagesordnung hatte bereits die Redner festgelegt, keiner der fünf Ministerpräsidenten aus der Sowjetzone sollte zur Rede kommen. Ein Antrag Pauls zur Änderung der Tagesordnung wurde mehrheitlich abgelehnt. Die Ostzonenpräsidenten hatten zu schweigen. Selbst Paul wurde das Rederecht nicht gestattet. Innenminister Fischer grinste nur boshaft. Ein Schlag mit der Faust auf den Tisch machte dem Dilemma ein Ende. Paul stand auf und verließ den Sitzungssaal, mit ihm die anderen Landespräsidenten und der sächsische Innenminister aus Dresden. Fischer sah wieder saturiert aus und strahlte vor Wohlwollen. Die Konferenz war durchaus so verlaufen wie gewünscht. Auch General Serow in Karlshorst war durchaus zufrieden. Er empfing Fischer am nächsten Tag in seiner Villa.

 Die vorzeitige Rückkehr der sowjetzonalen Ministerpräsidenten wurde damit begründet,dass von den Veranstaltern der Konferenz die wirtschaftliche Not des deutschen Volkes nur dazu missbraucht
werden sollte, ihre föderalistischen und volksfeindlichen Ziele zu verfolgen. Die große Chance, durch eine gemeinsame Konferenz der deutschen Ministerpräsidenten zu einer Verständigung zu kommen, war verpasst. Ulbricht hatte wieder einmal seinen Trumpf gespielt. Die von den sowjetzonalen Ministerpräsidenten in München geforderte Schaffung eines deutschen Einheitsstaates durch Verständigung mit den Parteien und Gewerkschaften war weder von den Ministerpräsidenten aller deutschen Länder noch von den Vertretern der deutschen Parteien tatsächlich gewollt, auch nicht von den alliierten Oberbefehlshabern und ihrem Kontrollrat. Jakob Kaiser, damaliger Vorsitzender der CDUD in der sowjetischen Besatzungszone, hatte vorgeschlagen, die Gremien der Parteien aller vier Zonen sollten eine ständige Konferenz als gesamtdeutsche Vertretung des Volkes konstituieren, fand bei Konrad Adenauer, dem damaligen Vorsitzenden der CDU in der englischen Zone kein Gehör. Er wollte den föderativen deutschen Bundesstaat für die westzonalen Länder. Kurt Schumacher forderte die Konstituierung einer deutschen Nationalvertretung mit Vertretern der Parteien und die Schaffung eines dezentralisierten Einheitsstaates. Das Angebot Otto Grotewohls, nach Urabstimmung der Mitgliedschaft eine gesamtdeutsche Partei der Sozialdemokratie zu gründen, war von Schumacher in einem Gespräch am 8. Februar 1946 in Braunschweig nicht akzeptiert worden, da ein einheitliches deutsches Reich nicht existierte. Die Vereinigung der SPD und der KPD in der sowjetischen Besatzungszone wurde zwei Tage danach, am 10. Februar 1946 im Zentralausschuss in Berlin beschlossen. Schumacher lehnte es weiterhin kategorisch ab, mit Vertretern der SED überhaupt zu verhandeln. Jakob Kaiser im Vorstand der Berliner CDU plädierte für eine so genannte Brückenfunktion zwischen den kontroversen politischen Systemen, scheiterte freilich an den realpolitischen Gegebenheiten. Zwischen West und Ost lag als Barriere der Eiserne Vorhang der Sowjets. Die Alliierten demonstrierten, daß die deutsche Niederlage im Gegensatz zum Grundsatz des nationalen Selbstbestimmungsrechts rücksichtslos ausgebeutet und die Reichseinheit nicht gewollt war. Ulbricht hatte diese realpolitische Tatsache wohlweislich berücksichtigt.

 Der Mord an dem sächsischen Ministerpräsidenten war nicht bloße Intriganz des sächsischenInnenministers,sondern ein kommunistischer Auftragsmord Ulbrichts mit Beihilfe des sowjetischen Geheimdienstes. Den Staatssicherheitsdienst(NKWD/NKGB) der sowjetischen Militäradministration leitete damals General Serow, Stellvertreter des Obersten Chefs der Sowjetischen Militäradministration (SMAD). Der gesamte Militärkomplex war im Berliner 
Vorort Karlshorst stationiert, den Militärpatrouillen mit Hunden kontrollierten. Die höheren Staatssicherheitsoffiziere selbst wohnten in vornehmen Villen. Sowjetische Zeitgenossen meinten, Iwan Serow sei ein schrecklicher Mensch, den noch niemand lächeln sah. Damals, im Sommer 1947, war er ein angesehener Mann, der für seine Kriegsverdienste bei Frontoperationen im rückwärtigen Gebiet mit dem höchsten Orden der Sowjetarmee ausgezeichnet wurde. Serow soll an zahlreichen Massakern beteiligt gewesen sein. Nach dem Tod Stalins ächtete ihn Chrustschow, 1962 beging Serow wegen verübter Verbrechen angeblichen Selbstmord. Kurt Fischer und mit ihm auch Erich Mielke gehörten zum deutschen Stab der Operativgruppen des NKGW.

  Am 2. Juni kam es in der Villa Fischers in Anwesenheit Grotewohls, Ulbrichts, Materns, Selbmanns und Gniffkes zu einer Kontroverse zwischen dem sächsischen Ministerpräsidenten und dem Innenminister. Friedrichs bezeichnete Fischer als einen Lügner und Betrüger und sagte, er könne das auch beweisen. Der Streit wurde nicht geschlichtet. Am folgenden Tag kam es in der Wohnung des Ministerpräsidenten zu einem längeren Gespräch zwischen Friedrichs und Gniffke. Friedrichs schilderte die seiner Meinung nach unhaltbaren Zustände in Sachsen. Er hatte in den letzten Tagen einen Schwächeanfall erlitten und war erst seit wenigen Tagen wieder im Amt, wie Erich Gniffke berichtete. In den Abendstunden kamen Wilhelm Koenen, der zweite Landeschef der sächsischen SED, sowie seine Gattin zum privaten Gespräch. Plötzlich fasste sich Friedrichs an die Brust. Er muasste sich hinlegen. Am nächsten Tag wurde er in das Friedrichstädter Krankenhaus gebracht.

 Dr. Rudolf Friedrichs erlitt am 3. Juni einen Herzinfarkt und wurde am 4. Juni nach einem erneuten Schlaganfall in das Friedrichsstädter Krankenhaus eingeliefert. Er verstarb neun Tage danach am 13. Juni 1947 im Alter von 56 Jahren.

  Die Herzerkrankung und der Tod Friedrichs wurden unzweifelhaft durch Gift verursacht, wenn man dem Schriftsteller Theodor Plievier glauben mag. Plievier floh 1947 aus der sowjetischen Besatzungszone; er war mehrmals in der Dresdener Villa Fischers, den er persönlich aus seinem Moskauer Exil recht gut kannte. Der Historiker Leonhard, der aus seinem zehnjährigen Aufenthalt in der Sowjetunion Fischer ebenfalls kennen gelernt hatte, meinte gelegentlich, dass Fischer wohl zu allem fähig gewesen sei. Die Erkrankung Friedrichs zu einem solchen Zeitpunkt erschien ihm zumindest eigenartig, und bei der Ernennung Fischers schwante ihm nichts Gutes, wie er in seinem Buch schrieb.

 Der unerwartete Tod des sächsischen Ministerpräsidenten ermöglichte die Sowjetisierung des Verwaltungsapparates der Landesregierung und die Ausschaltung demokratischer Parteien in der gesamten sowjetischen Besatzungszone. Oppositionelle Sozialdemokraten wurden aus den Ämtern entlassen und viele von ihnen verhaftet.Die Sozialdemokratie in Sachsen hörte faktisch auf zu existieren.

  In einem Brief an den Ministerpräsidenten des Freistaates Sachsen vom 2.Juli1991 bat derBundestagsabgeordnete Gunter Weißgerber Auskunft über die merkwürdigen Umstände des Todes von Dr. Rudolf Friedrichs. Professor Biedenkopf beauftragte mit den Recherchen das Referat Archivwesen des sächsischen Ministerium des Inneren, das folgenden Sachverhalt darstellte:"Rudolf Friedrichs ist am 4. Juni 1947 nach einem Herzanfall in das Krankenhaus Dresden-
Friedrichstadt eingeliefert worden und dort am 13. Juni 1947 verstorben. Dieser Zeitraum von neun Tagen spricht gegen eine Vergiftung, die den Tod schneller hätte herbeiführen müssen.Der schriftlich vorliegende Obduktionsbefund vom 15. Juni wurde im Pathologischen Institut des Krankenhauses eingesehen und schließt mit all seinen äußeren Merkmalen irgendeine Manipulation oder spätere Einfügung in die gebundene Sammlung des Befundes aus.Die unterzeichnenden Ärzte, Professor Geipel und Dr. Scheid, waren charakterlich integre Persönlichkeiten, die dem damals sich heraus bildenden SED-Regime ablehnend gegenüberstanden.Ihre Unterschriften garantieren die Echtheit des Befundes. Somit steht fest, daß alle Vermutungen über einen gewaltsamen Tod gegenstandslos sind."

  Die vom Sächsischen Staatsarchiv vorhandenen Akten über die Trauerfeierlichkeiten enthalten keinerlei zusätzlichen Hinweise über die Todesursache Im Umfeld der Nachforschungen hatsich freilich die Feststellung ergeben, dass Friedrichs auch nach der Etablierung der SED seinen alten sozialdemokratischen Idealen treu geblieben ist und er die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit in offenbar harten Auseinandersetzungen mit seinem Stellvertreter, dem kommunistischen Innenminister Kurt Fischer,verteidigt hat. Er muss sich unter diesen Bedingungen in einem dauernden Stress befunden haben, die seinen gesundheitlichen Zustand stark beeinflusst und zu seinem plötzlichen Tod zweifellos beigetragen hat. In dieser Hinsicht stand Friedrichs auf einer Ebene mit den Ministern aus den bürgerlichen Parteien, die sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten den Aktivitäten der kommunistischen Minister zu widersetzen versuchten.

 Diese Begutachtung aus dem Büro des Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf erstellte der Landeshistoriker Karlheinz Blaschke,der freilich die Zeitgeschichte kaum kennt,noch weniger die Kriminalogie des stalinistischen Terrorregimes. Sämtliche Vermutungen sind nach Ansicht des Historikerchefs des sächsischen Freistaates also gegenstandslos,auch die epische zeitgeschichtliche Dokumentation Plieviers, denn Herr Blaschke aus dem freistaatlichen Archiv weiß ohnehin im
parteipolitischen Interesse alles besser.Gewiss ist nicht der gute Ruf der beiden Dresdener Ärzte anzuzweifeln,sondern die sachliche Kompetenz des ehemaligen Landesarchivars, der nach dem Berliner Mauerbau als einer der wenigen mit aufrechtem Gange gemeinsam mit seiner Ehefrau freiwillig nach Sachsen zurückkehrte, um hier offiziell Geschichte zu klittern.

  Man weiß heute, daß der sowjetische Geheimapparat, dem Kurt Fischer jahrelang als Agent diente,zur Zeit Stalins ein probates Mittel der physischen Vernichtung anwandte: die Vergiftung. Aus Akten der sowjetischen Staatssicherheit ist zu ersehen, dass derartige Versuche an politischen Häftlingen vorgenommen wurden.Das Laboratorium der Moskauer Ljubjanka experimentierte mit dem pflanzlichen Präparat Rizin, bei dem die Versuchspersonen unter schwerem Herzleiden nach mehreren Tagen verstarben. Fast täglich wurden Gefangene in das Laboratorium gebracht. Man teilte ihnen mit, sie würden ärztlich untersucht, man fragte sie nach ihrem Befinden, gab ihnen medizinische Ratschläge und auch ein Medikament: das Gift Rizin. Einige starben nach drei bis vier Tagen, andere quälten sich eine Woche lang, ehe der Tod eintrat. Das Moskauer Laboratorium
versorgte auch die Sicherheitsorgane der militärisch besetzten volksdemokratischen Länder mit Giftpräparaten. Solche Giftmorde geschahen auf oberster Anordnung. So erhielt ein rumänischerAgent auf Anordnung des rumänischen Staatschefs Ceausescu den Auftrag, den rumänischen Schriftsteller Goma in seinem Asyl in Paris zu vergiften. Er sollte ihm bei einem Empfang etwas Gift in ein Glas Wein tropfen. Der Agent informierte die französische Spionageabwehr über den Auftrag.Die Symptome eines solchen Giftmordes sind typisch. Das Pflanzengift ist geschmack- und geruchlos, und schon zwei,drei Tropfen des Präparats verursachten vor allem bei älteren Personen eine mehrstündig andauernde zyklische Herzrhythmusstörung. Man spekulierte darauf, dass bei einer bestehenden Angina pectoris die betreffende Person den plötzlichen Herztod erleidet. Auf diese Weise konnte ein völlig natürlicherInfarkttod verursacht und eine gerichtsmedizinische Untersuchung verhindert werden, die ohnehin den Nachweis einer Vergiftung nicht hätte erbringen können.Der Todesfall Friedrichs mit seinem Krankheitsverlauf ist typisch für eine solche Methode.

 Es ist wohl nicht zu bezweifeln, dass Fischer im Auftrag Ulbricht handelte. Fischer verstarb im Juni 1950 wenige Tage vor Vollendung seines fünfzigsten Lebensjahres in einem Sanatorium ebenfalls an einem Herzinfarkt, vermutlich aus der gleichen Ursache.Die zeitgeschichtliche Forschung hat Grund genug zu der Annahme, dass Sachsens Ministerpräsident Rudolf Friedrichs nicht eines natürlichen Todes gestorben ist.

   Nach dem Tode Friedrichs wurde Kurt Fischer zum Präsidenten der Zentralverwaltung desInneren berufen und zum Generalinspekteur der  kasernierten Volkspolizei ernannt. Fischer war, wie Zeitgenossen berichten, ein geselliger und geistreicher Mensch, der die Genossen zwei Stunden lang mit Witzen und Anekdoten amüsieren konnte; zur Belobigung für besonders vorbildliche Leistungen in seinem Amt hatte er stets mehrere Taschenuhren bei sich, die er vermutlich bei irgendjemanden requiriert hatte. In seiner Villa hielt er sich eine Polizistin zum persönlichen Schutz, die auch seine Gäste aus Berlin zu bewirten hatte. Plievier, der Gast in der Dresdener Villa war, schreibt von den wertvollen Gemälden an den Wänden, den echten Teppichen und dem Eisbärfell vor dem Bett, von vollen Schüsseln, Platten mit Wildbraten und erlesenen Weinen im Keller, dem Likörschränkchen voll ausgewählten Schnäpsen.

 Fischer war beleumdet genug.Wolfgang Leonhard berichtet von Fischer, dass er seine Position alsInnenminister nicht nur zu rücksichtslosen Verfolgungen Andersdenkender ausgenutzt habe,sondern auch zur persönlichen Bereicherung und zur Eliminierung persönlicher Gegner, die ihm gefährlich
schienen. Wolfgang Leonhard verließ im März 1949 Ostberlin und floh nach Belgrad.Theodor Plievier floh 1947 nach dem Tod Friedrichs aus der sowjetischen Besatzungszone; sein Stalingradroman erschien 1948 zum letzten Mal in einem Berliner Verlag. Erich Gniffke, der Bürochef Ulbrichts, blieb bis zum Oktober 1948 im Berliner Parteibüro; sein Buch schrieb er im anderen Deutschland, Jahre danach. Er beschuldigt Fischer nicht des Mordes - eine solche Offenbarung hätte ja auch für den ehemaligen Funktionär auch tragische Folgen haben können. Robert Bialek verstarb nach seiner Entführung aus Westberlin in einem Kerker der Staatssicherheit. Vielleicht findet man eines Tages im Kunsthandel irgendwo eines der beschlagnahmten Museumsstücke aus Fischers Gemäldekollektion, vielleicht weiß eine der geschwängerten Polizistinnen von dazumal mehr über jene Affären.

 Der Historiker Dr. Andreas Malycha vom Institut für Geschichte der Arbeiterbewegung schrieb in einem Artikel der Leipziger Volkszeitung vom 28. Juni 1991, dass von einem Mord keine Rede sein könne, auch wenn Kurt Fischer unschuldige Menschen in die Gefängnisse trieb. Der ehemalige
Geschichtsprofessor Horst Schneider an der Pädagogischen Hochschule Dresden bezeichnete anlässlich einer Gedenkveranstaltung die Mordthese als "Leonhardsche Lüge". Er ist sicher, aufgrund eigener Recherchen die Indizien endgültig widerlegt zu haben.Die Dresdener Staatsanwaltschaft beendigte ihre Ermittlungen wegen des Krankheitsgutachtens, da der Tatverdächtige Fischer bereits verstorben ist. Nun soll eine von der Landtagsfraktion der SPD eingeforderte Studie des Dresdener Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung über die genauen Todesursachen Gewissheit verschaffen. Die Staatskanzlei stellte hierfür 19500 Mark zur Verfügung. Man mag meinen, dass es schade ums Geld ist, wie die Fraktion der PDS im Landtag meint. Die beiden beauftragten HistorikerMike Schmeitzer und Michael Richter zweifeln freilich selbst an der Mordthese. Manche Fakten sind eben auch für junge Historiker schwer zu verdauen. In der Landtagsfraktion der SPD ist man bei derHarmonisierung mit der PDS ohnehin kaum an der Aufklärung der Mordtat interessiert.

LITERATUR Michael Richter/ Mike Schmeitzner Einer von beiden muss so bals wie möglich entfernt werden, Sächsische Landeszentrale für politische Bildung,Expertise des Hannah-Arendt-Instituts Dresden, Gustav Kiepenheuer Verlag 1999 Theodor Plievier: Berlin . Verlag Kurt Desch München 1954 Wolfgang Leonhard: Die Revolution entlässt ihre Kinder . Reclam, Leipzig 1990 Helmut Welz: Die Stadt, die sterben sollte . Militärverlag der DDR, Berlin 1972 Frank Moraw: Die Parole der "Einheit" und die Sozialdemokratie . Dietz, Bonn 1990 Erich W. Gniffke: Jahre mit Ulbricht, Wissenschaft und Politik, Köln1960 M. Schmeitzner, M. Rudloff: Geschichte der Sozialdemokratie im Sächsischen Landtag . SPD-Fraktion Dresden 1997






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