Den Mobilmachungsbefehl bekamen Reservisten der DDR die in, für den Ernstfall besonders wichtigen
Bereichen der NVA ausgebildet waren zB. Nachrichten , Kraftfahrer, Melder.
Das Besondere an diesem, kurz M-Schein genannten, Befehl war, daß man vom Fleck weg ohne Vorwarnug
eingezogen werden konnte und sich ständig zur Verfügung zu halten hatte.
Ziel war, den Reservisten immer und jederzeit für den Zugriff der NVA verfügbar zu haben
Urlaub bzw Reisen mußten immer dem WKK mitgeteilt werden. So war man dann innerhalb der DDR
noch eimal mehr überwacht.
Ich schickte dann meinen Mobilmachungsbefehl im Herbst 89 an meine zuständige Stelle mit unten
geschriebenen Text zurück und wurde nie wieder vom Militär behelligt.
Wehrkreiskommando Name, Adresse
Berlin Pankow 1100
Pestalozzistr. 30/33
Einschreiben an das Wehrkeiskommando 1100 Berlin /Pankow, Pestalozzistrasse 30/33:
Betrifft, Mitteilung ueber Befehlsverweigerung
Aufgrund der Ereignisse der letzten Tage und Wochen, insbesondere des brutalen Vorgehens der Sicherheitskraefte
gegen Zivilisten und der noch ungeklaerten Befehle (Schiessbefehle) vom 09/10/1989 gegen friedliche
Demonstranten in Leipzig, erklaere ich hiermit, dass ich in diesem Land keine Waffe mehr in die Hand nehme!
Der Fahneneid ist fuer mich nicht mehr bindend, da ich ihn unter einer Willkuerherrschaft von, wie sich jetzt
herausstellt, inkompetenten Fuehrungskraeften und unter massivem psychologischem und physiologischem Druck
ablegen musste!
Gleichzeitig moechte ich meinen ganz persoenlichen Beitrag zur Abruestungspolitik der DDR leisten und verweigere
hiermit den Mobilmachungsbefehl 6410/14013100/7/37!
Ich bin fest davon ueberzeugt, dass "die Verachtung und der Zorn des gesamten werktaetigen Volkes" nicht mich,
sondern die Regierung trifft, welche dieses Land durch jahrzehntelange Misswirtschaft, die bis hin zum
Verbrechen geht, in die jetzige katastrophale, fast hoffnungslose Lage brachte!
Berlin d. 23.11.1989
Unterschrift
Anlage: Mobilmachungbefehl 6410/14013100/7/37
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