Hauptabteilung XXII

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Die Hauptabteilung XXII (HA XXII) des Ministeriums für Staatssicherheit war mit der "Terrorabwehr" beauftragt.

Die Hauptabteilung wurde erst im Frühjahr 1989 geschaffen, in ihr wurden die frühere selbstständige Abteilung XXII sowie die "Kampfkräfte" (Zentrale Spezifische Kräfte) der ehemaligen AGM/S (erst 1988 in Abteilung XXIII umbenannt, siehe Arbeitsgruppe des Ministers ?) zusammengefasst. Die Umstrukturierungen innerhalb der neuen Hauptabteilung waren zu Beginn der Wende 1989 noch nicht abgeschlossen.

Die Abteilung bzw. HA XXII verfügte über verschiedene Dienstobjekte, z.B. in Briesen im Bezirk Frankfurt (Oder), in Börnicke bei Berlin und in Wartin (nördliches Brandenburg). Der eigentliche Dienstsitz befand sich in Berlin-Hohenschönhausen in der Ferdinand-Schultze-Straße.

Langjähriger Leiter der Abt. XXII war Oberst Harry Dahl, sein Nachfolger und letzter regulärer Leiter der HA XXII wurde 1985 Oberst Horst Franz. 1989 hatte die HA XXII 878 Mitarbeiter. Die Hauptabteilung XXII war dem Stellvertreter des Ministers, Gerhard Neiber, unterstellt.

Die Abt. XXII war im Prinzip aus den zur "Absicherung" der Weltfestspiele in Berlin 1973 gebildeten MfS-Strukturen heraus entstanden. Hintergrund waren Befürchtungen von Mielke und Honecker, die Weltfestspiele könnten durch ähnliche Ereignisse wie den 1972 bei der Olympiade in München stattgefundenen Terroranschlag bedroht sein. Die Angst vor einem Übergreifen des internationalen Terrorismus auf die DDR war die treibende Kraft für den Aufbau einer "Terrorabwehr" im MfS.


Die Abt. XXII hatte die politisch-operative Bearbeitung terroristischer und extremistischer Gruppen zu leisten. Da die bearbeiteten Gruppen vorrangig im (westlichen) Ausland operierten, führte die Abteilung - obwohl sie eine klassische Abwehr-Diensteinheit war - relativ viele Inoffizielle Mitarbeiter im Operationsgebiet. Zu den bearbeiteten Gruppen und Personen zählten nicht nur eindeutig terroristische Zusammenschlüsse, sondern z.B. auch Mitarbeiter der West-Berliner "taz" (Tageszeitung), bei denen das MfS Kontakte zum Terroristenmilieu vermutete, sowie vom MfS als "extremistisch" eingestufte Kreise wie die "Arbeitsgemeinschaft 13. August".

Die Abt. XXII hatte (Unter-)Abteilungen für die Verfolgung anonymer und pseudonymer Drohungen (also für Drohbriefe und -anrufe), zur Bearbeitung des rechtsextremistischen bzw. -terroristischen Milieus im Westen und zur Kontrolle der linksradikalen und -terroristischen Gruppen, deren Mitglieder und Unterstützer häufig den Flughafen Schönefeld ? für Reisen z.B. in arabische Länder nutzten.

Beim Grenzübertritt bzw. beim Eintreffen auf dem Flughafen Schönefeld ? wurden gegen Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre mehrmals Links- und arabische Terroristen (z.B. Inge Viett, Mitglieder der "Carlos"-Gruppe) festgesetzt und verhört - sie durften nach der Zusicherung, in der DDR keine Anschläge zu planen, sogar unter Rückgabe von Waffen und Sprengstoff ungehindert weiterreisen. In mindestens einem Fall hat dieses Verhalten der Abt. XXII sogar direkt zu einem Terroranschlag geführt, nachdem der Leiter der (Unter-)Abteilung XXII/8, Helmut Voigt ?, ein an der Grenzkontrolle beschlagnahmtes Sprengstoffpaket dem Terroristen und "Carlos"-Stellvertreter Johannes Weinrich wieder aushändigte. Nur Stunden nach der Rückgabe explodierte die daraus hergestellte Bombe im "Maison de France" in Westberlin (1 Toter, viele Verletzte).

Nach (nicht durch Dokumente oder Zeugen bestätigten) Angaben von Markus Wolf hatte der Minister für Staatssicherheit, Erich Mielke, eine gewisse Sympathie für den "revolutionären Elan" der westdeutschen Linksterroristen entwickelt. Er soll sogar mit dem Gedanken gespielt haben, die RAF ? im Kriegsfall für Sabotageakte in der BRD einzusetzen. Mitarbeiter der Abt. XXII trainierten in den 80er Jahren wiederholt RAF ?-Mitglieder im Umgang mit Waffen. Die nach der Wende sprichwörtlich gewordene "RAF-Stasi-Connection" gipfelte darin, dass acht Aussteiger aus der linken BRD-Terrorszene in der DDR Unterschlupf, Schutz vor westlicher Strafverfolgung und eine (klein-)"bürgerliche" Existenz unter falscher Identität fanden.

Wegen solcher politisch brisanten Vorgänge lief im Spätherbst 1989 die Aktenvernichtung des AfNS besonders in der HA XXII auf Hochtouren, was zu einem Tipp an die Medien, einem Radiointerview eines HA-XXII-Mitarbeiters (s. Link) - und in der Folge zur Besetzung etlicher MfS-Dienststellen durch aufgebrachte Bürger führte, wodurch die weitere Vernichtung von Dokumenten gestoppt wurde.


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