Forderungen der DDR gegenüber der BRD wegen der bis zum 13. August 1961 zugefügten Schäden

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Dokument: Auflistung der nach SED-offizieller Darstellung mit Stand von 1970 "offenen Forderungen" der DDR gegenüber der BRD.

Die resultierende Summe von gut 100 Milliarden Mark (überwiegend Mark der DDR bzw. MDN) war bis 1989 immer wieder Argument der SED-Propaganda zur Rechtfertigung des Mauerbaus und für Anschuldigungen gegen den westdeutschen Staat.

Quelle: Die "Dissertation" von Alexander Schalck-Golodkowski, Anhang, Anlage 10. Schalck schrieb hierfür aus parteiamtlichen Schätzungen ab, stellte aber auch eigene Überlegungen an. Spätere Autoren konnten sich wegen des GVS ?-Status der Arbeit nicht auf diese Quelle beziehen, die einzelnen Punkte stimmten aber im Wesentlichen überein.


I. Forderungen der Deutschen Demokratischen Republik gegenüber der Bundesrepublik auf Erstattung von der Deutschen Demokratischen Republik geleisteter Reparationen


Auf der Grundlage der Tatsache, daß die Deutsche Demokratische Republik Reparationen zur Wiedergutmachung der durch Hitlerdeutschland im zweiten Weltkrieg angerichteten Schäden in ungleich höherem Maße geleistet hat als Westdeutschland, ergibt sich die Berechtigung einer Forderung der Deutschen Demokratischen Republik gegenüber Westdeutschland in Höhe von mindestens

		12.928 Mio DM DBB

Diese Forderung wird wie folgt begründet:


1. Von der DDR wurden insgesamt Reparationen geleistet in Höhe von

		4.292 Mio $

davon 3.658 Mio $ bis zum Jahre 1950.

Die Bestätigung erfolgte im Schreiben des Vorsitzenden des Ministerrates der UdSSR vom 15. 5. 1950. In den Jahren 1951 bis 1953 wurden weitere 634 Mio $ Reparationen seitens der DDR aufgebracht. Das ergibt sich aus dem Protokoll vom 22. 8. 1953 über die Einstellung der Erhebung der deutschen Reparationszahlungen.

Die UdSSR hat der DDR auf Grund der genannten beiden Dokumente Reparationen erlassen in Höhe von insgesamt 5.708 Mio $.


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2. Die von den Westmächten gegenüber Westdeutschland anerkannten Reparationen werden nach einem Bericht der Inter-Alliierten Reparations-Agentur aus dem Jahre 1949 mit insgesamt

		517 Mio $

ausgewiesen.

Die nähere Prüfung dieser westdeutschen Reparationen ergibt, daß nur ein geringer Teil aus der westdeutschen Wirtschaft geleistet wurde. Die Summe von 517 Mio $ kann mithin von uns nicht voll als westdeutsche Reparationsleistung anerkannt werden.

Die von den Westmächten anerkannten Reparationen setzen sich wie folgt zusammen:

  • 181 Mio $ aus der westdeutschen Wirtschaft (Demontage und Lieferungen),
  • 43 Mio $ Übergabe deutscher Handelsschiffe,
  • 293 Mio $ Beschlagnahme deutschen Auslandsvermögens.

Übergebene deutsche Handelsschiffe und das beschlagnahmte deutsche Auslandsvermögen sind gesamtdeutsches Vermögen und gehören nicht Westdeutschland allein. Die Leistungen können demzufolge auch Westdeutschland nur anteilig als Reparationen angerechnet werden. Ein anderer Teil ist der DDR als Reparationsleistung zuzurechnen.

Wenn diese Anteile entsprechend der Einwohnerzahl der beiden deutschen Staaten verrechnet werden, so erhöhen sich die der DDR zu verrechnenden Reparationen um 80 Mio $ und vermindern sich die Westdeutschlands um den gleichen Betrag.


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3. Die Gesamt-Reparationen beider deutscher Staaten betragen demnach

4.372 Mio $ seitens der DDR
437 Mio $ seitens Westdeutschland
insgesamt

		4.809 Mio $

Die Reparationen stellen einen Teil der Wiedergutmachung der durch den Hitlerkrieg verursachten Schäden und Verluste dar. Beide deutsche Staaten müssen demzufolge in gleichem Maße für die Reparationen herangezogen werden. Der zweckmäßigste Maßstab könnte die Berechnung der Reparationsleistungen entsprechend der Einwohnerzahl der beiden deutschen Staaten sein.

Einwohnerzahl der DDR 17.012 Mio = 23,7 %
Einwohnerzahl der Bundesrep. 54.758 Mio = 76,3 %

Hiernach hätten Reparationen leisten müssen

die DDR 1.140 Mio $
die DBR 3.669 Mio $.


4. Entsprechend der unterschiedlichen Reparationsleistungen beider deutscher Staaten ergibt sich folgende Aufrechnung der Forderungen der DDR gegenüber der Bundesrepublik:

Von der DDR effektiv geleistete Reparationen 4.372 Mio $
von der DDR anteilig zu leistende Reparationen 1.140 Mio $

Forderung der DDR an die DBR auf Erstattung 3.232 Mio $.


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Von Westdeutschland effektiv geleistete Reparationen 437 Mio $
Von Westdeutschland anteilig zu leistende Reparationen 3.669 Mio $

Verpflichtung der westdeutschen Bundesrepublik zur Erstattung gegenüber der DDR

		3.232 Mio $.

Da alle Reparationsleistungen entsprechend den getroffenen internationalen Vereinbarungen in US $ verrechnet worden sind, besteht die Verpflichtung für Westdeutschland an die Deutsche Demokratische Republik eine Erstattung in US $ zu leisten. Wenn die DDR bereit ist, die Erstattung Westdeutschland in DM DBB anzunehmen, so ergibt sich aufgrund des derzeitigen offiziellen Kurses zwischen DM DBB und US $ von 4:1 eine Verbindlichkeit der DBR gegenüber der DDR im Betrage von

		12.928 Mio DM DBB


5. Bei der Ausarbeitung dieser Berechnungen sind eine Reihe Fragen aufgetreten, auf die ich hinweisen möchte:

a) Wenn die Reparationsverpflichtungen entsprechend der Bevölkerungszahl beider deutscher Staaten berechnet werden, wie ist dann mit der Bevölkerung Westberlins zu verfahren? Da Westberlin nicht Bestandteil der Bundesrepublik ist, kann die Bevölkerung Westberlins auch nicht der Bevölkerung der Bundesrepublik zugerechnet werden. Da Westberlin eine selbständige politische Einheit ist, kann die Bevölkerungszahl auch nicht ohne weiteres zur Bevölkerungszahl der DDR zugerechnet werden.


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Bei den obengenannten Berechnungen über die anteiligen Reparationen beider deutscher Staaten wurde zunächst die Einwohnerzahl Westberlins nicht herangezogen, d. h., weder zur Bundesrepublik noch zur Deutschen Demokratischen Republik hinzugerechnet.

b) Es wurde die Frage aufgeworfen, inwieweit ist es richtig, zum jetzigen Zeitpunkt die anteilige Berechnung der Reparationen beider deutscher Staaten nach dem Verhältnis der Bevölkerungszahl vorzunehmen, ohne daß eine abschließende Untersuchung der Auseinandersetzungen über das ehemalige deutsche Reichsvermögen vorliegt.

Könnte durch die Berechnung der Reparationen nach dem Verhältnis der Einwohnerzahl nicht ein Präzedenzfall geschaffen werden, der für die vermögensrechtlichen Auseinandersetzungen für uns möglicherweise von Nachteil wäre, wenn die Verrechnung des ehemaligen Reichsvermögens nach dem Prinzip der Parität beider deutscher Staaten, nach dem Belegenheitsprinzip oder anderen Gesichtspunkten für uns vorteilhafter wäre.

Unser Standpunkt hierzu ist, daß die Rechtsnachfolge der DDR in das alte Reichsvermögen und die Ansprüche der DDR auf die Verrechnung der Reparationen zwei voneinander getrennte, völkerrechtlich unterschiedliche Angelegenheiten sind, die nicht ohne weiteres miteinander verknüpft werden können.


II. Forderungen der Deutschen Demokratischen Republik gegenüber der Bundesrepublik auf Erstattung ökonomischer Verluste, die der Deutschen Demokratischen Republik durch Abwerbung, Menschenhandel und sonstige Wirtschaftsdiversionen bis zum 13.8.1961 sowie durch Aufwendungen für die Sicherung der Staatsgrenze entstanden sind


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Die Deutsche Demokratische Republik ist berechtigt, gegenüber der Bundesrepublik Anspruch auf Erstattung der Schäden, Verluste und Aufwendungen zu erheben, die aufgrund des von Westdeutschland unter Ausnutzung der offenen Grenze gegen die DDR geführten Wirtschaftskrieges entstanden sind.

Der Anspruch der DDR auf Erstattung dieser Schäden, Verluste und Aufwendungen ist z. Zt. nachweisbar in einer Höhe von

		85.260 Mio MDN

Diese Forderung wird wie folgt begründet:


1. Der DDR sind durch Abwerbung und Menschenhandel in der Zeit vom 1. 1. 1950 bis 13. 8. 1961 ökonomische Verluste in Höhe von

		62.700 Mio MDN entstanden.

a) Durch die Abwerbung von Bürgern der DDR im arbeitsfähigen Alter, insbesondere von Spezialisten und Facharbeitern entstand in diesem Zeitraum ein Produktionsausfall von

		88 Mrd. MDN

Unter Berücksichtigung des Produktionsverbrauchs und der individuellen Konsumtion, die auf eine solche Produktionshöhe entfällt, ist der DDR ein Verlust an Nationaleinkommen, das für die Akkumulation bestimmt ist, in Höhe von

		l6.400 Mio MDN

entstanden.

b) Ökonomische Verluste ergeben sich aber nicht allein aus dem Produktionsausfall. Als Produktivkraft verkörpert jeder Mensch einen Wert, der sich aus dem Aufwand der Gesellschaft für den Lebensunterhalt, die Erziehung und Berufsausbildung ergibt. Die Abwerbung der in der DDR ausgebildeten Facharbeiter, Wissenschaftler, Ingenieure, Ärzte, Lehrer usw. führt für die DDR zu einem Schaden in Höhe des Aufwandes für


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die Ausbildung und andererseits zu einer widerrechtlichen Bereicherung der westdeutschen Monopole.

Diese Verluste sind berechnet für den Zeitraum von 1950 - 1961 mit

		42.400 Mio MDN.

c) Ökonomische Verluste der DDR, die durch die widerrechtliche Ausnutzung der Arbeitskraft von Bürgern der DDR in Westberlin entstanden sind (Grenzgänger).

Der Verlust an Nationaleinkommen für die DDR beträgt hierfür

		3.900 Mio MDN

Nicht berechenbar ist der Schaden, der der DDR durch den eingetretenen Geburtenausfall sowie durch den Leistungsausfall der abgeworbenen Wissenschaftler, Forscher und Ärzte entstanden ist. Für den Zeitraum von 1950 - 1961 ist z. B. ein Arbeitsausfall bei Wissenschaftlern und Forschern von 28,5 Mio Stunden und bei Ärzten von 63,0 Mio Stunden eingetreten.


2. Durch die Einführung einer Separatwährung in Westdeutschland und in Westberlin sowie die Anwendung eines willkürlichen Schwindelkurses, der mittels staatlich sanktionierter Wechselstuben aufrecht erhalten wurde, wurden der DDR unter Ausnutzung der offenen Grenzen große wirtschaftliche Schäden zugefügt. Die Ausnutzung des Schwindelkurses zu Spekulationsgewinnen und zu einem ausgedehnten Warenschmuggel hat die Wirtschaftskraft der DDR und die Versorgung der Bevölkerung erheblich gestört.

Der westdeutsche Staat, die Monopole sowie eine Vielzahl von Spekulanten haben sich an dieser, von westdeutscher Seite bewußt organisierten verbrecherischen Ausplünderung bereichert.


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Auf Grund der Feststellungen der Zollverwaltung, der analytischen Untersuchungen der Deutschen Notenbank und anderer Berechnungen beträgt der ökonomische Schaden aus den Währungsspekulationen und dem Warenschmuggel bis zum 13. 8. 1961 mindestens

		17.320 Mio MDN.


3. Auf Grund der aggressiven Politik der westdeutschen militaristischen und revanchistischen Kreise mußte die DDR seit 1952 erhöhte Aufwendungen für die Sicherung der Staatsgrenze West und der Staatsgrenze gegenüber Westberlin bestreiten, die bei einer konsequenten Durchsetzung des Potsdamer Abkommens und der Sicherung einer friedlichen demokratischen Ordnung in Westdeutschland nicht notwendig gewesen wären.

Auf Grund dessen ist die DDR berechtigt, diese zusätzlichen Aufwendungen zur Sicherung ihrer Staatsgrenze als Forderung gegenüber der Bundesrepublik geltend zu machen. Sie beträgt

		5.240 Mio MDN


4. Bei der Ausarbeitung der Berechnungen wurde die Frage aufgeworfen, inwieweit eine getrennte Ermittlung der Forderungen aus den ökonomischen Verlusten, die durch die offene Grenze entstanden sind, gegenüber Westdeutschland und Westberlin erfolgen sollte.

Wir sind der Auffassung, daß für diese Forderung eine getrennte Ermittlung nicht richtig wäre. Diese Forderungen sind sämtlich auf Grund der von den westdeutschen Monopolen und der Bundesregierung mit direkter Unterstützung der westlichen Besatzungsmächte betriebenen aggressiven Politik entstanden, bei der sie Westberlin als ihren Brückenkopf und Stützpunkt mißbrauchen.


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III. Forderungen der Deutschen Demokratischen Republik gegenüber Westdeutschland bzw. den Westmächten infolge widerrechtlicher Beschlagnahme und Aneignung von der DDR zustehenden Rechten


Neben den bisher genannten ökonomischen Verlusten der DDR sind eine Reihe weiterer Schäden durch westdeutsche Monopole und westliche Besatzungsmächte zugefügt worden. Nachweisbar sind bis jetzt hier insbesondere folgende Verluste:


1. Diebstahl von Patentschriften

a) Die amerikanischen Besatzungstruppen haben bereits während der Besetzung Jenas, unter Verletzung des Jaltaer und Potsdamer Abkommens, Zeißwerte mit einem ausgewiesenen Wert von 18 Mio DM geraubt.

Dazu gehören 180 000 Patentschriften, Bücher der Patentverwaltung mit Seltenheitswerten, eine Fotoobjektivsammlung von 2 000 Stück Objektiven u. a. wichtige Werte.

Die Amerikaner haben unmittelbar nach dem Raub dieser Dokumente und Materialien festgestellt, daß sie damit die Monopolstellung auf dem Objektivmarkt erlangt haben. Durch diesen Diebstahl waren die Amerikaner faktisch in der Lage, auf den Ergebnissen von Zeiss, Jena, die auf diesem Gebiet in der Welt die Führung inne hatten, aufzubauen und eine eigene Monopolstellung zu begründen.

Der tatsächliche Wert der geraubten Patentschriften und Patentakten muß nach den vorliegenden Erfahrungswerten auf mindestens

		120 Mio MDN

beziffert werden.

In dieser Höhe besteht eine begründete Forderung der DDR gegenüber den USA. Was die Amerikaner tatsächlich genutzt haben, ist nicht bekannt.


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b) Unter grober Verletzung der in der DDR bestehenden Gesetze, der völkerrechtlichen Normen und selbst unter Mißachtung der in Westdeutschland bestehenden Gesetzgebung hat sich das westdeutsche Pseudounternehmen Carl Zeiss mit direkter Unterstützung der staatlichen Behörden in Westdeutschland die allein der Carl-Zeiss-Stiftung in Jena zustehenden Warenzeichen angeeignet. Durch die widerrechtliche Benutzung dieser Warenzeichen war es dem Pseudounternehmen möglich, seine Erzeugnisse leicht in den Handel einzuführen und auf den Markt zu bringen und dort mit erheblichem wirtschaftlichen Erfolg abzusetzen.

Dadurch ist ein beträchtlicher ökonomischer Schaden für den Absatz der Erzeugnisse des VEB Carl Zeiss Jena entstanden.

Die Schadenersatzforderung der Carl-Zeiss-Stiftung Jena an die Pseudounternehmen durch widerrechtliche Benutzung der Zeiss-Warenzeichen für die Zeit von 1949 - 1964 beträgt

		ca. 350 Mio MDN

Diese Verluste sind konkret berechnet für die Carl-Zeiss-Stiftung in Jena.

Darüber hinaus sind von ca. 120 Betrieben in der DDR ca. 1 000 Warenzeichen, von denen ein großer Teil internationale Bedeutung hatte, von westdeutschen Betrieben entwendet worden.

Der ökonomische Schaden hieraus kann z. Zt. noch nicht exakt nachgewiesen werden. Er beträgt aber ein Mehrfaches der Verluste, die für die Carl-Zeiss-Stiftung entstanden sind.


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2. Durch die widerrechtliche Beschlagnahme von Eigentum der Deutschen Reichsbahn, der Generaldirektion Schiffahrt, der ((...)) Kraftverkehr, der Mitropa und der Deutschen Post in Westdeutschland und Westberlin hat die DDR Forderungen auf Schadenersatz in Höhe von

		40 Mio MDN

Die widerrechtliche Beschlagnahme erfolgte zum großen Teil im Zusammenhang mit der Spaltung Berlins durch die amerikanische und britische Militärregierung. Es handelt sich dabei um die Beschlagnahme von Lokomotiven, Kesselwagen und Einrichtungen der Deutschen Reichsbahn, von Schiffen, Treibstofflagern u. a. Verkehrseinrichtungen.


3. Gebührenforderung der DDR für die Benutzung von Fernkabeln durch die amerikanische und britische Besatzungsmacht.

Auf Grund eines Beschlusses des ehemaligen Alliierten Kontrollrates werden die von Westberlin nach Westdeutschland durch das Gebiet der DDR verlaufenden Fernkabel 12 und 41 durch die amerikanische und britische Besatzungsmacht ausschließlich genutzt.

Für die Benutzung der Kabel stehen der DDR Gebührenansprüche in Höhe von

		232 Mio MDN

zu.

Die Erstattung muß in Valuta erfolgen und zwar

		6.161.249 Pfund Sterling
		38.080.905 US-Dollar.


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IV. Ansprüche der Deutschen Demokratischen Republik gegenüber westdeutschen Monopolunternehmen

Der Deutschen Demokratischen Republik stehen als Beteiligung an westdeutschen Monopolunternehmen Ansprüche zu, die bisher nur zu einem Teil, in Höhe von

		3.000 Mio DM DBB

erfaßt sind.


1. In Übereinstimmung mit den im Potsdamer Abkommen getroffenen Vereinbarungen sind die in der DDR gelegenen Kapitalgesellschaften der Naziaktivisten, Kriegsverbrecher und Monopolisten entschädigungslos enteignet worden. Ein Teil dieser enteigneten Betriebe war an in Westdeutschland befindlichen Unternehmen beteiligt. Diese Beteiligungen fallen unter die Enteignung und gehören der DDR.

Nach der Enteignung dieser Betriebe und ihrer Überprüfung in Volkseigentum haben die Monopolisten teils den Sitz derartiger in der DDR enteigneter Gesellschaften widerrechtlich nach Westdeutschland verlagert. Auf diese Weise erhielten sie die in Westdeutschland gelegenen Vermögensteile, darunter auch die Beteiligungen, unter ihre Verfügungsgewalt.

Das trifft z. B. zu auf

  • die Thüringische Zellwolle AG,
  • die Deutsche Continental-Gas-Ges.,
  • die Thüringer Gas-Ges.,
  • die Rudolf Karstadt AG,
  • die Salzdetfurth AG
und andere in der DDR enteignete Kapitalgesellschaften.


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Die Höhe der der DDR zustehenden Beteiligungen derartig "sitzverlagerter" Gesellschaften an westdeutsche Unternehmungen beträgt bei 80 untersuchten Gesellschaften nominell

		rd. 245 Mio DM.

Da die Gesamtzahl der verlagerten Gesellschaften ca. 190 beträgt, kann der tatsächliche Betrag der widerrechtlich durch westdeutsche Monopole bzw. der Bundesrepublik angeeigneten Beteiligungen mit mindestens 500 Mio DN Nominalwert angenommen werden.

Der tatsächliche Wert dieser Beteiligungen beträgt auf Grund der schon damals vorhandenen Reserven und der in der Zwischenzeit vor sich gegangenen Werterhöhung heute mindestens

		3.000 Mio DN

Mindestens in dieser Höhe bestehen begründete Eigentumsansprüche bzw. Beteiligungen der DDR an westdeutschen Unternehmen.


2. In der Verfügungsgewalt der DDR befinden sich erhebliche Bestände an Aktien von Unternehmen, die bis zum 8. 5. 1945 ihren Sitz im Gebiet des ehemaligen Deutschen Reiches hatten.

Eine speziell hierfür gebildete Bankenkommission hatte bis zum 31. 12. 1949 aus diesen Beständen Aktien im Nominalwert für rd. 3.000 Mio Reichsmark ermittelt. Ende 1950 wurde die Bankenkommission aufgelöst.

Mit einer erneuten Sichtung und Ordnung der Wertpapiere ist erst Ende 1959 wieder begonnen worden, wobei zunächst nur die Wertpapiere gesichtet wurden, die Ansprüche an ausländische Unternehmen begründen.

Mit der Erfassung derjenigen Aktien, die sich auf westdeutsche Unternehmen beziehen, ist noch nicht wieder begonnen worden. Ein Überblick hierüber besteht noch nicht.


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In diesem Zusammenhang muß noch auf einen wichtigen Tatbestand hingewiesen werden.

((In Westdeutschland wurde ab 1949)) eine sogenannte Wertpapierbereinigung durchgeführt. In diesem Zusammenhang erfolgte von den westdeutschen Monopolunternehmen ein Umtausch der alten Reichsmarkaktien in neue DM-Aktien. Dazu mußten entweder die alten Aktien vorgelegt oder ein Besitznachweis erbracht werden. Ein solcher Besitznachweis waren auch die von den Banken ausgestellten Depotbescheinigungen.

Über solche Aktien, die sich in den Depotbeständen der geschlossenen Banken im Bereich der DDR befanden, wurden bis 1958 von unseren Banken an Bürger der DDR bzw. Firmen ca. 90 000 Depotbescheinigungen ausgestellt.

Diese Depotbescheinigungen wurden in der Regel von dem betreffenden Bürger oder der betreffenden Firma der DDR dazu verwendet, um ihre Ansprüche bei den westdeutschen Unternehmen anzumelden.

Soweit bekannt, sind solche Ansprüche in Westdeutschland berücksichtigt worden, die von Privatpersonen geltend gemacht worden sind. Die Ansprüche volkseigener Betriebe und staatlicher Einrichtungen wurden nicht anerkannt.

Im Interesse der Wahrung der Ansprüche der DDR ist es erforderlich, sofort die notwendigen Maßnahmen einzuleiten, um einen vollständigen Überblick über die in unserer Verfügungsgewalt befindlichen Aktien und anderen Wertpapiere zu beschaffen, um die erforderlichen Maßnahmen danach zu ergreifen.

Ich habe veranlaßt, daß ein entsprechender Beschluß ausgearbeitet wird, den ich dem Präsidium des Ministerrates vorlegen werde.


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V. Gesamt-Zusammenfassung

Auf Grund der bisherigen Berechnungen und Ermittlungen bestehen Ansprüche der Deutschen Demokratischen Republik gegenüber der westdeutschen Bundesrepublik bzw. teils gegenüber den Westberliner Besatzungsmächten in folgender Höhe:

1. Erstattung für von der DDR geleistete Reparationen

		12.928 Mio DM DBB

2. Schadenersatz für die der DDR durch Abwerbung, Menschenhandel und sonstige Wirtschaftsdiversionen unter Ausnutzung der offenen Grenze entstandenen ökonomischen Verluste

		85.260 Mio DM DBB

3. Ansprüche der DDR gegenüber der Bundesrepublik und den Besatzungsmächten auf Schadenersatz für gestohlene Patente, Warenzeichen und andere Rechte zahlbar zum überwiegenden Teil in freien Valuten

		742 Mio DM DBB

4. Beteiligung an westdeutschen Unternehmen mindestens

		3.000 Mio DM DBB

Gesamt

		101.930 Mio DM DBB


Dieser Betrag stellt die bisher berechneten und erfaßten Ansprüche der Deutschen Demokratischen Republik dar.


Wertung dieser Aufstellung:

Die Berechnung beeindruckt zwar durch ihre Detailliertheit und ist unter Verwendung der erwähnten Zahlen rein rechnerisch (!) halbwegs korrekt, aber als Argumentationsbasis tatsächlich unbrauchbar.

  • I.: Reparationen.

Die Aufrechnung ignoriert das zum Zeitpunkt der Niederschrift (1970) schon weitgehend erfüllte Luxemburger Abkommen, in dessen Folge die BRD mehr als 3 Milliarden DM (und weitere Leistungen darüber hinaus) an Israel und jüdische Organisationen zahlte.
Die DDR negierte alle Ansprüche des jüdischen Volkes, da sie "völlig mit der Vergangenheit gebrochen" habe und daher auch nicht für die Verbrechen an den Juden verantwortlich zu machen sei.

Wieso dann aber Reparationen an die SU geleistet wurden, bliebe offen. Bemerkenswerterweise hat Mielke im Laufe der Verteidigung dieser "Dissertation" darauf bestanden, dass der Punkt Reparationen aus der Arbeit entfernt wurde.

Unter Anwendung der gleichen Logik, mit der der Autor die westdeutschen Zahlungen kleinrechnete, hätte man wohl auch die tatsächliche Höhe der von der SU "bestätigten" Zahlungen hinterfragen müssen. Die Rolle der angeblich erlassenen 5,7 Milliarden Dollar blieb ungeklärt, ebenso die Frage nach der als Berechnungsbasis verwendeten Währung (s.u.).

  • II. Forderungen wg. spaltungsbedingter Schäden.

Dieser Abschnitt bezieht sich auf den bei weitem größten Anteil an der ominösen Forderung und enthält auch die gröbsten Fehler.

Das augenfälligste Problem ist, dass die errechneten ca. 85 Milliarden Mark erst in MDN angegeben wurden, sich im Teil V. (Zusammenfassung) aber plötzlich als "DM DBB" wiederfinden.
Selbst die SPK ?-Planer gingen nie von einem Realkurs von 1:1 aus, sondern gaben intern je nach Bezug und Zeitraum Werte zwischen 1:2,5 und 1:4,4 an. In der Volkswirtschaft existierte dafür der so genannte Richtungskoeffizient ? (RIKO), der durchschnittlich bei 1/3 lag.

Demgegenüber erscheinen die übrigen Fehler des Abschnitts, wie die fragwürdige Verwendung von "weichen" Daten aus der Statistik zum Nationaleinkommen, geradezu unerheblich. Bemerkenswert ist die abwegige Idee, dass die DDR gegenüber der BRD die Kosten für den Mauerbau eintreiben wollte. Dass die Gründe für die restriktive Grenzsicherung überwiegend im DDR-System lagen, hätten selbst die überzeugtesten SED-Vertreter erkennen müssen.

  • III. Widerrechtliche Aneignungen.

Die Summe fällt insgesamt kaum ins Gewicht, jedoch unterstreichen die unverblümt niedergeschriebenen Ansprüche deutlich den Realitätsverlust (oder die bedingungslose Indoktrination) des Autors: Die den westlichen Besatzungsmächten zugeschriebenen Verbindlichkeiten wurden einfach zu den Forderungen an die BRD addiert.

  • IV. Unternehmensbeteiligungen.

Auch hierfür fehlte es wiederum an tragfähiger (völker-)rechtlicher, geschweige denn politischer Begründung. Die Inkompatibilität der Wirtschaftssysteme wurde vom Autor einfach negiert; sie gipfelt in der Vorstellung, die DDR könne trotz Enteignung über den Umweg der im Osten verbliebenen wertlosen Aktienbündel Ansprüche an den mittlerweile im Westen wiedererstandenen Unternehmen besitzen.

Interessanterweise hat Schalck seine Ankündigung kurze Zeit später wahr gemacht und Feodor Ziesche ? mit der Sichtung der Papiere beauftragt. Das Ergebnis war ernüchternd; lediglich einige Einzelstücke konnten schließlich auf Sammlerbörsen (!) losgeschlagen werden.

  • V. Zusammenfassung.

Wegen der vielen enthaltenen Fehler besitzt diese Aufstellung angeblicher Forderungen der DDR gegenüber der BRD keinerlei Wert - weder politisch noch ökonomisch. Dennoch wurde die Arbeit, in der sie enthalten war, gerade wegen dieser Auflistung mit der Bestnote ausgezeichnet, unter der unmittelbaren Aufsicht des zweitmächtigsten Mannes des Staates, Erich Mielke.

Dass der DDR durch die offene Grenze Schäden entstanden sind, ist eine unbestreitbare Tatsache. Die in den 60er Jahren und in späteren Parteitagsreden oder Kommentaren erhobene Forderung nach 100 Milliarden DM lässt sich im Rückblick unter Verwendung der von der SED-Führung (als deren "Stimme" Schalck hier schrieb) genannten Teilbeträge keinesfalls nachvollziehen.

Der solchermaßen "errechnete" Betrag wurde -von seiner Entstehung her- somit höchstwahrscheinlich für die Propaganda erfunden.
In späteren Jahren wurden je nach politischer Lage Teilsummen 'ersetzt', die "magische Zahl" von 100 Milliarden DM stellte niemand in Frage. Aus diesem Grund sollten durchaus auch westliche bzw. Nachwende-Quellen auf ihren (personellen/politischen) Hintergrund geprüft werden, wenn sie zu ähnlichen Aussagen oder Summen kamen.






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