Steuern und Abgaben

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Steuern und Abgaben auf das Arbeitseinkommen

1. Definition

"Steuern sind (...) die auf staatlichen Rechtsnormen beruhenden Abführungen der sozialistischen Produktionsgenossenschaften, der privaten Handwerks- und Gewerbebetriebe und der Bevölkerung an den Staatshaushalt. Sie sind eine Form der Sekundärverteilung des Nationaleinkommens und stets mit einem Eigentumswechsel verbunden. Steuern sind in erster Linie ein Beitrag der Arbeiter, Bauern, Angestellten, Handwerker und Gewerbetreibenden zur Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben und ein Instrument des sozialistischen Staates, mit dem ökonomisch differenziert auf die steuerpflichtigen Betriebe eingewirkt wird, um bestimmte gesellschaftlich notwendige Leistungen und Verhaltensweisen zu stimulieren, sowie soziale Wirkung zu erzielen." -- aus: Gurtz/Kaltofen, Der Staatshaushalt der DDR, 2. Auflage, Berlin 1982, S. 61.


2. Prinzipien und rechtliche Grundlagen

Das Steuer- bzw. Abgabenrecht der DDR wurde durch die verschiedenen Rechtssubjekte bestimmt. Demzufolge wurden v.a.

  • natürliche Personen
  • juristische Personen
  • volkseigene Kombinate
  • sozialistische Produktionsgenossenschaften
unterschiedlich besteuert. Das Abgabenrecht der DDR unterschied dabei Steuern von Pflichtabführungen. Natürliche und juristische Personen der privaten Wirtschaft (z.B. Einzelkaufleute oder GmbH) hatten Steuern zu zahlen, die VEB hingegen Pflichtabführungen.

Das Abgabenrecht der DDR differenzierte im Einzelnen die Besteuerung

  • der volkseigenen Wirtschaft
  • der Genossenschaften
  • der Lohnempfänger und der freischaffenden Intelligenz ?
  • der einfachen Warenproduzenten
  • der privaten Wirtschaft und
  • der halbsozialistischen Betriebe.

Bei natürlichen Personen und Privatbetrieben wurden v.a. erhoben

  • Einkommensteuer,
  • Gewerbesteuer,
  • Umsatzsteuer,
  • Bewertung und Vermögensteuer.

1970 wurden dazu die einzelnen Steuergesetze nach einem Auftrag der Volkskammer an den Ministerrat novelliert. Die Veröffentlichung der dann bis zum Ende der DDR gültigen Gesetze erfolgte am 18. September 1970 im Gesetzblatt (GBl. I, Sonderdruck Nr. 681).


3. Steuertarife

Es gab unterschiedliche Steuertarife z.B. für Arbeiter und Angestellte sowie Gewerbetreibende. Am Vergleich der für die Bürger wichtigsten Tarife G und K (s.u.) ist deutlich zu erkennen, dass - "Steuerehrlichkeit" (BRD-Deutsch) vorausgesetzt - eine echte Vermögensbildung durch privatwirtschaftliche Tätigkeit nicht möglich war. Mit dem Steuerrecht sollten "kapitalistische Ansätze" von vornherein unterbunden werden.

Für Arbeiter und Angestellte galt der

Steuerpflichtiger Monatslohn Steuerbetrag/Monat
von bis
175,- 199,99 0,20 +11,2% des Betrags über 175 M
200,- 299,99 3,- +15% des Betrags über 200 M
300,- 399,99 18,- +20% des Betrags über 300 M
400,- 499,99 38,- +24% des Betrags über 400 M
500,- 599,99 62,- +30% des Betrags über 500 M
600,- 699,99 92,- +34% des Betrags über 600 M
700,- 1257,99 126,- +22,5% des Betrags über 700 M
1258,- und mehr 20% des Einkommens

Für Unternehmer, Gewerbetreibende u.a. galt der

  • Einkommensteuer-Grundtarif K (alle Angaben in Mark der DDR):

Jahreseinkommen Jahressteuerbetrag
über bis
0 1200 0 Mark
1200 1800 16 M + 15% des 1200 M übersteigenden Betrags
1800 2400 106 M + 18% des 1800 M übersteigenden Betrags
2400 3600 214 M + 24% des 2400 M übersteigenden Betrags
3600 4800 502 M + 30% des 3600 M übersteigenden Betrags
4800 6000 862 M + 35% des 4800 M übersteigenden Betrags
6000 7200 1282 M + 37% des 6000 M übersteigenden Betrags
7200 9000 1726 M + 40% des 7200 M übersteigenden Betrags
9000 12000 2446 M + 46% des 9000 M übersteigenden Betrags
12000 15000 3826 M + 51% des 12000 M übersteigenden Betrags
15000 20000 5356 M + 69% des 15000 M übersteigenden Betrags
20000 30000 8800 M + 80% des 20000 M übersteigenden Betrags
30000 40000 16800 M + 84% des 30000 M übersteigenden Betrags
40000 50000 25200 M + 88% des 40000 M übersteigenden Betrags
50000 250000 34000 M + 89% des 50000 M übersteigenden Betrags
250000 300000 212000 M + 90% des 250000 M übersteigenden Betrags
300000 400000 257000 M + 95% des 300000 M übersteigenden Betrags
400000 500000 352000 M + 98% des 400000 M übersteigenden Betrags
über 500000 90% des Einkommens

Von einem Jahreseinkommen eines Angestellten in Höhe von 50.000,- M wären danach 10.000,- M Steuer einbehalten worden; ein Gewerbetreibender mit einem Nettogewinn in gleicher Höhe hätte dagegen 34.000,- M bezahlt.


4. Weitere Regelungen

Bürger der DDR (natürliche Personen) waren nach § 1 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der DDR hatten. Die Einkommensteuerpflicht galt für sämtliche Einkünfte. § 2 Abs. 3 des Gesetzes benannte die Einkunftsarten, die in weiteren Abschnitten genauer ausgeführt wurden:

  1. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§§ 13, 14)
  2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 15, 16)
  3. Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit (§ 18)
  4. (gestrichen; bis 1970 "Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit"; § 19)
  5. Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20)
  6. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21)
  7. Sonstige Einkünfte (im Sinne des § 22)

Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer war das Einkommen innerhalb eines Kalenderjahres (§ 2). Das Einkommen war der Gesamtbetrag aus den einzelnen Einkunftsarten abzüglich "Sonderausgaben" (§ 10) und "außergewöhnlicher Belastungen" (§ 33).

Bewertung und Vermögensteuer

Das Vermögensteuergesetz erlegte gemäß seinem § 1 Abs. 1 Nr. 1 allen Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in der DDR die unbeschränkte Vermögensteuerpflicht auf. Zu versteuernde Vermögensarten waren nach dem Bewertungsgesetz (§ 19):

  • Land- und forstwirtschaftliches Vermögen (§§ 26, 28 - 49 Bewertungsgesetz)
  • Grundvermögen (§§ 26, 50 - 53)
  • Betriebsvermögen (§§ 26, 54 - 66)
  • Sonstiges Vermögen (§§ 67 - 69 Bewertungsgesetz).

Zum "sonstigen Vermögen" zählten z.B. die Ausstattung der Wohnung und auch private Sammlungen von Münzen, Kunstgegenständen oder Antiquitäten (§ 67 Nr. 10, 11 Vermögensteuergesetz). Es gab eine Freigrenze vom 50.000,- Mark, bis zu der private Sammlungen steuerfrei blieben. Wenn sich die Gegenstände seit mindestens 20 Jahren im Familienbesitz des Steuerpflichtigen befanden, waren sie ebenfalls steuerbefreit.

Steuerhinterziehung war nach § 176 des DDR-Strafgesetzbuchs strafbar. Die Kunst und Antiquitäten GmbH des Bereichs Kommerzielle Koordinierung hat, unter Ausnutzung von Unklarheiten oder unscharfen Definitionen in den Steuergesetzen und unterstützt u.a. vom MfS (HA VII/13 ?), Bürger kriminalisiert und um ihre Sammlungen gebracht; in manchen Fällen wurden völlig haltlose Vorwürfe erfunden (siehe KuA GmbH).

(Quelle für obige Darstellung: Dritte Beschlußempfehlung und Dritter Teilbericht des 1. Untersuchungsausschusses des Dt. Bundestages nach Artikel 44 GG, BT-Drucksache 12/4500, S. 36ff.)







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