Die '''Hauptabteilung XXII''' ('''HA XXII''') des [[Ministerium für Staatssicherheit|Ministeriums für Staatssicherheit]] war mit der "Terrorabwehr" beauftragt. Die [[Hauptabteilung des MfS|Hauptabteilung]] wurde erst im Frühjahr [[1989]] geschaffen, in ihr wurden die frühere selbstständige [[Abteilung des MfS|Abteilung]] XXII sowie die "Kampfkräfte" (''Zentrale Spezifische Kräfte'') der ehemaligen '''AGM/S''' (erst [[1988]] in '''''Abteilung XXIII''''' umbenannt, siehe [[AG des Ministers für Staatssicherheit|Arbeitsgruppe des Ministers]]) zusammengefasst. Die Umstrukturierungen innerhalb der neuen [[Hauptabteilung des MfS|Hauptabteilung]] waren zu Beginn der [[Wende]] [[1989]] noch nicht abgeschlossen.
| | Die '''Hauptabteilung XXII''' ('''HA XXII''') des [[Ministerium für Staatssicherheit|Ministeriums für Staatssicherheit]] war mit der "Terrorabwehr" beauftragt.
Die [[Hauptabteilung des MfS|Hauptabteilung]] wurde erst im Frühjahr [[1989]] geschaffen, in ihr wurden die frühere selbstständige [[Abteilung des MfS|Abteilung]] XXII sowie die "Kampfkräfte" (''Zentrale Spezifische Kräfte'') der ehemaligen '''AGM/S''' (erst [[1988]] in '''''Abteilung XXIII''''' umbenannt, siehe [[AG des Ministers für Staatssicherheit|Arbeitsgruppe des Ministers]]) zusammengefasst. Die Umstrukturierungen innerhalb der neuen [[Hauptabteilung des MfS|Hauptabteilung]] waren zu Beginn der [[Wende]] [[1989]] noch nicht abgeschlossen.
|
Die Abteilung bzw. HA XXII verfügte über verschiedene Dienstobjekte, z.B. in Briesen im [[Bezirke|Bezirk]] [[Frankfurt (Oder)]], in Börnicke bei [[Berlin]] oder in Wartin (nördliches Brandenburg). Der eigentliche Dienstsitz befand sich in [[Berlin]]-Hohenschönhausen in der Ferdinand-Schultze-Straße.
| | Die Abteilung bzw. HA XXII verfügte über verschiedene Dienstobjekte, z.B. in Briesen im [[Bezirke|Bezirk]] [[Frankfurt (Oder)]], in Börnicke bei [[Berlin]] und in Wartin (nördliches Brandenburg). Der eigentliche Dienstsitz befand sich in [[Berlin]]-Hohenschönhausen in der Ferdinand-Schultze-Straße.
|
Langjähriger Leiter der '''''Abt. XXII''''' war Oberst Harry Dahl, sein Nachfolger und letzter regulärer Leiter der '''''HA XXII''''' wurde Oberst Horst Franz. [[1989]] hatte die '''HA XXII''' 878 Mitarbeiter.
Die '''''Abt. XXII''''' war im Prinzip aus den zur "Absicherung" der [[Weltfestspiele]] in [[Berlin]] [[1973]] gebildeten [[Ministerium für Staatssicherheit|MfS]]-Strukturen heraus entstanden. Hintergrund waren Befürchtungen von [[Erich Mielke|Mielke]] und [[Erich Honecker|Honecker]], die [[Weltfestspiele]] könnten durch ähnliche Ereignisse wie den [[1972]] bei der Olympiade in München stattgefundenen Terroranschlag bedroht sein. Die Angst vor einem Übergreifen des internationalen Terrorismus auf die DDR war die treibende Kraft für den Aufbau einer "Terrorabwehr" im [[Ministerium für Staatssicherheit|MfS]]. Die '''''Abt. XXII''''' hatte die ''politisch-operative Bearbeitung'' terroristischer und extremistischer Gruppen zu leisten.
| | Langjähriger Leiter der '''''Abt. XXII''''' war Oberst Harry Dahl, sein Nachfolger und letzter regulärer Leiter der '''''HA XXII''''' wurde [[1985]] Oberst Horst Franz. [[1989]] hatte die '''HA XXII''' 878 Mitarbeiter. Die [[Hauptabteilung des MfS|Hauptabteilung]] '''XXII''' war dem [[Stellvertreter des Ministers für Staatssicherheit|Stellvertreter des Ministers]], [[Gerhard Neiber]], unterstellt.
Die '''''Abt. XXII''''' war im Prinzip aus den zur "Absicherung" der [[Weltfestspiele]] in [[Berlin]] [[1973]] gebildeten [[Ministerium für Staatssicherheit|MfS]]-Strukturen heraus entstanden. Hintergrund waren Befürchtungen von [[Erich Mielke|Mielke]] und [[Erich Honecker|Honecker]], die [[Weltfestspiele]] könnten durch ähnliche Ereignisse wie den [[1972]] bei der Olympiade in München stattgefundenen Terroranschlag bedroht sein. Die Angst vor einem Übergreifen des internationalen Terrorismus auf die DDR war die treibende Kraft für den Aufbau einer "Terrorabwehr" im [[Ministerium für Staatssicherheit|MfS]].
----
Die '''''Abt. XXII''''' hatte die ''politisch-operative Bearbeitung'' terroristischer und extremistischer Gruppen zu leisten. Da die ''bearbeiteten'' Gruppen vorrangig im (westlichen) Ausland operierten, führte die Abteilung - obwohl sie eine klassische [[Abwehr]]-[[Diensteinheiten des MfS|Diensteinheit]] war - relativ viele [[Inoffizielle Mitarbeiter des MfS|Inoffizielle Mitarbeiter]] im [[Operationsgebiet]]. Zu den ''bearbeiteten'' Gruppen und Personen zählten nicht nur eindeutig terroristische Zusammenschlüsse, sondern z.B. auch Mitarbeiter der [[Westberlin|West-Berliner]] "taz" (Tageszeitung), bei denen das [[Ministerium für Staatssicherheit|MfS]] Kontakte zum Terroristenmilieu vermutete, sowie vom [[Ministerium für Staatssicherheit|MfS]] als "extremistisch" eingestufte Kreise wie die "Arbeitsgemeinschaft 13. August".
|
| |
Die '''''Abt. XXII''''' hatte (Unter-)Abteilungen für die Verfolgung ''anonymer und pseudonymer Drohungen'' (also für Drohbriefe und -anrufe), zur ''Bearbeitung'' des rechtsextremistischen bzw. -terroristischen Milieus im Westen und zur ''Kontrolle'' der linksradikalen und -terroristischen Gruppen, deren Mitglieder und Unterstützer häufig den [[Flughafen Schönefeld]] für Reisen z.B. in arabische Länder nutzten.
Beim Grenzübertritt bzw. beim Eintreffen auf dem [[Flughafen Schönefeld]] wurden gegen Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre mehrmals Links- und arabische Terroristen (z.B. Inge Viett, Mitglieder der "Carlos"-Gruppe) festgesetzt und verhört - sie durften nach der Zusicherung, in der DDR keine Anschläge zu planen, sogar unter Rückgabe von Waffen und Sprengstoff ungehindert weiterreisen. In mindestens einem Fall hat dieses Verhalten der '''''Abt. XXII''''' sogar direkt zu einem Terroranschlag geführt, nachdem der Leiter der (Unter-)Abteilung XXII/8, [[Helmut Voigt]], ein an der Grenzkontrolle beschlagnahmtes Sprengstoffpaket dem Terroristen und "Carlos"-Stellvertreter Johannes Weinrich wieder aushändigte. Nur Stunden nach der Rückgabe explodierte die daraus hergestellte Bombe im "Maison de France" in [[Westberlin]] (1 Toter, viele Verletzte).
Nach (nicht durch Dokumente oder Zeugen bestätigten) Angaben von [[Markus Wolf]] hatte der [[Minister für Staatssicherheit]], [[Erich Mielke]], eine gewisse Sympathie für den "revolutionären Elan" der westdeutschen Linksterroristen entwickelt. Er soll sogar mit dem Gedanken gespielt haben, die [[RAF]] im Kriegsfall für Sabotageakte in der [[BRD]] einzusetzen. Mitarbeiter der '''''Abt. XXII''''' trainierten in den 80er Jahren wiederholt [[RAF]]-Mitglieder im Umgang mit Waffen. Die nach der [[Wende]] sprichwörtlich gewordene "RAF-Stasi-Connection" gipfelte darin, dass acht Aussteiger aus der linken [[BRD]]-Terrorszene in der DDR Unterschlupf, Schutz vor westlicher Strafverfolgung und eine (klein-)"bürgerliche" Existenz unter falscher Identität fanden.
Wegen solcher politisch brisanten Vorgänge lief im Spätherbst [[1989]] die Aktenvernichtung des [[Amt für Nationale Sicherheit|AfNS]] besonders in der '''HA XXII''' auf Hochtouren, was zu einem Tipp an die [[Medien]], einem Radiointerview eines HA-XXII-Mitarbeiters (s. Link) - und in der Folge zur Besetzung etlicher [[Ministerium für Staatssicherheit|MfS]]-Dienststellen durch aufgebrachte Bürger führte, wodurch die weitere Vernichtung von Dokumenten gestoppt wurde.
----
'''Links:'''
*[http://www.extremismus.com/texte/rafmfs.htm Tobias Wunschik (BStU) über die Kooperation RAF-MfS]
*[http://www.bstu.de/mfs/kalender/1989/dokumente/dezember/dez_89_06_1.htm MfS-Mitschrift des "verhängnisvollen" Rundfunkinterviews eines Mitarbeiters der HA XXII/7 vom 4.12.1989]
**Der Akten verbrennende "Leiter" war [[Abkürzungen O|OSL]] Mahlfeldt, Chef der Abt. 7 (Bereich Ausbildung) der HA XXII, verantwortlich für die Ausbildung ausländischer (illegaler) Kämpfer "befreundeter Organisationen"; vgl. Tobias Wunschik: MfS-Handbuch, Teil III/16, Die Hauptabteilung XXII: "Terrorabwehr", 2. Aufl. 1996; S. 26f.
|